1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Außenpolitische Bilanz ernüchternd

7. Mai 2009

Der russische Präsident Medwedew ist seit einem Jahr im Amt. Vorsichtige innenpolitische Emanzipationsversuche sind von außenpolitischer Erfolglosigkeit begleitet, meint Ingo Mannteufel.

https://p.dw.com/p/HlBx
Themenbild Kommentar
Bild: DW

Nach einem Jahr im Amt versucht der russische Präsident Dmitri Medwedew nur ganz vorsichtig, sich innenpolitisch von seinem Vorgänger und jetzigem Regierungschef Wladimir Putin zu emanzipieren. Doch zu wirklichen Kursänderungen ist es bislang nicht gekommen. Und gänzlich offen ist die Frage, ob Medwedew lediglich ein eigenständiges Profil gewinnen will oder ob er wirklich das von Putin entwickelte politische System nachhaltig ändern möchte. Für eine Antwort ist es nach einem Jahr angesichts der undurchsichtigen Machtverhältnisse im Kreml sicherlich auch noch zu früh.

Ingo Mannteufel (Foto: DW)

Wesentlich eindeutiger lässt sich dagegen das erste außenpolitische Jahr von Präsident Medwedew bilanzieren: Es ist nämlich erheblich missglückt, und das, obwohl doch alles recht gut für ihn anfing. Bei seinen ersten Schritten im Ausland gab sich Medwedew als ein junger russischer Präsident mit europäischer Grundhaltung. Sein Ziel lautete: eine Partnerschaft des wieder erstarkten und selbstbewussten Russlands mit Europa. Als Mittel schlug er die Ausarbeitung eines neuen Vertrages über die europäische Sicherheit vor.

Misstrauen hat wieder zugenommen

Und Medwedews Reden und Auftritte zeigten auch Wirkung: Europa beschloss die Wiederaufnahme der Verhandlungen über ein neues Partnerschafts- und Kopperationsabkommen. Für einen Moment sah alles sehr vielversprechend aus, doch dann kam alles anders.

Der Krieg in Georgien und die diplomatische Annerkennung von Südossetien und Abchasien durch Moskau führten zu neuen Spannungen. Sie sind zwar mittlerweile wieder etwas abgekühlt, aber gelöst sind sie nicht. Auf beiden Seiten hat das Misstrauen wieder zugenommen.

Finanzkrise trifft auf übersehene Schwächen

Die internationale Finanzkrise und vor allem der deutliche Rückgang der Preise für Energierohstoffe versetzten der russischen Außenpolitik im Herbst einen zweiten schweren Schlag. Die globale Rezession zwingt zwar auch Russland zu verstärkter internationaler Kooperation. Andererseits offenbarte die globale Krise die im Kreml gern übersehenen Schwächen der russischen Wirtschaft und ihre hohe Abhängigkeit vom Öl- und Gasexport.

Spätestens der Konflikt mit der Ukraine im Januar machte deutlich, wie begrenzt die Machtprojektion Russlands mit Hilfe von Gas und Öl tatsächlich ist. Dies hat den Kreml erheblich verunsichert, da er doch glaubte, mit Hilfe der Energierohstoffe seinen Einfluss in Europa zu maximieren.

Der Obama-Effekt

Einen letzten schweren Stoß für die russische Europapolitik erfolgte durch die Wahl Barack Obamas zum neuen Präsidenten der USA. Seine Wahl und die mit seiner Amtseinführung verbundenen Hoffnungen versetzten das Bush-kritische Europa in eine unglaubliche Amerika-Euphorie.

Putin konnte in seiner Präsidentenzeit gegen Bush in Europa punkten, was aber weniger an Putin, sondern vielmehr an der Ablehnung der Person George W. Bush lag. Gegen Barack Obama, den ersten US-Präsidenten des 21. Jahrhunderts mit globaler Ausstrahlung, hat Präsident Medwedew in Europa keine Chance.

Präsident Medwedew muss nun für Russland entscheiden: Entweder zähneknirschend konzilianter auf Europa und die USA zugehen oder inmitten der globalen Wirtschaftskrise isoliert die Konfrontation mit dem Westen verstärken. Medwedew steht in seinem zweiten Amtsjahr vor keiner leichten Entscheidung.

Autor: Ingo Mannteufel

Redaktion: Kay-Alexander Scholz