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Griechenland Finanzen

22. Mai 2011

Die griechische Regierung ringt verzweifelt gegen einen drohenden Kollaps der Staatsfinanzen. Die bislang zugesagten Milliardenhilfen von EU und IWF reichen offenbar nicht aus. Droht jetzt der Absturz?

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Symbolbild Griechenland Krise (Foto: fotolia)
Bild: fotolia

Banges Warten in Griechenland: Experten der Europäischen Union, des Internationalen Währungsfonds und der Europäischen Zentralbank prüfen in diesen Tagen die Spar- und Reformbemühungen der Regierung von Ministerpräsident Giorgos Papandreou. Nur wenn sie dabei deutliche Fortschritte erkennen, würden sie grünes Licht geben für die Auszahlung der nächsten zwölf Milliarden Euro aus dem insgesamt 110 Milliarden Euro schweren Hilfspaket, das EU und IWF im vergangenen Jahr geschnürt haben.

Neues Geld

Griechenlands Premier Papaandreou (Foto: AP)
Auf der Suche nach der Lösung: Premier PapandreouBild: AP

Diese nächste Geldspritze wird in Griechenland dringend erwartet. Käme sie nicht wie geplant Ende Juni, dann droht dem Land die Zahlungsunfähigkeit. Die griechische Zeitung "Kathimerini" schreibt in ihrer Ausgabe vom Sonntag (22.05.2011), die Gelder würden ohne die nächste Tranche nur noch bis Mitte Juli reichen. Dann wäre die Staatskasse leer. Athen könnte seinem riesigen Heer der Staatsbediensteten keine Gehälter mehr zahlen, und auch keine Renten mehr an die Alten auszahlen. Nicht wenige Beobachter sehen in diesem Fall ein Chaos ausbrechen, ähnlich dem, was für den Fall des Austritts aus der Eurozone skizziert wird: Ein Run auf die Banken würde einsetzen, um so schnell wie möglich das Ersparte abzuheben. Der Zusammenbruch des griechischen Finanzsystems wäre die Folge – und Europas Banken würden direkt in Mitleidenschaft gezogen. Von einem zweiten Schock wie nach dem Zusammenbruch des US-Investmentbank Lehman Brothers ist die Rede.

Neues Sparprogramm

Um dies zu verhindern, will die Regierung in Athen in den kommenden Tagen ein umfangreiches Stabilisierungsprogramm in Angriff nehmen. Es soll auf vier Jahre angelegt sein und neben neuen Sparmaßnahmen auch ein umfangreiches Programm zur Privatisierung von Staatseigentum enthalten. Genau daran hapert es im Moment. Darauf verwies dieser Tage der deutsche Finanz-Staatssekretär Jörg Asmussen. Trotz der Ankündigung vom März, die öffentlichen Finanzen über den Verkauf von Staatsbeteiligungen zu sanieren, habe Athen tatsächlich "für noch keinen Euro privatisiert."

Im Hafen von Piräus (Foto: AP)
In Staatsbesitz: Der Hafen von PiräusBild: AP

Und Tafelsilber ist einiges vorhanden in Griechenland. Das reicht von Energieversorgern bis zur Eisenbahn-Gesellschaft, von Flughäfen und Hafengesellschaften, von Grundbesitz und Immobilien. Bis 2015 will Athen daraus rund 50 Milliarden Euro erlösen – nur konkrete Pläne gab es eben bislang noch nicht.

An Vorschlägen mangelt es derzeit nicht: So fordert Michael Dieckmann, der Chef von Europas größtem Versicherungskonzerns Allianz, einen umfassenden Aufbauplan für das südeuropäische Land. "Wir brauchen einen Industrialisierungsplan für Griechenland. Es müsste Arbeit und Produktion aus ganz Europa nach Griechenland statt nach Osteuropa oder Asien verlagert werden", sagte er der "Bild"-Zeitung. Die Allianz ist einer der weltweit größten Kapitalanleger.

Neues Hilfspaket

Symboldbild Hilfspaket für Griechenland (DW-Grafik / Steinmetz)
Neues Paket mit 60 Milliarden Euro?Bild: DW-Montage/bilderbox.de

Eine Umschuldung schloss Griechenlands Premier erneut aus. Der Athener Zeitung "Ethnos" sagte er, dies stehe nicht zur Debatte. Dabei kritisierte er auch die Politik der EU. Dort war zuletzt auch von offizieller Seite von der Möglichkeit einer "sanften" Umschuldung die Rede gewesen - also mögliche längere Kredit-Laufzeiten oder Zinsermäßigungen. Dies allerdings wird von Deutschland bislang abgelehnt. Bundeskanzlerin Angela Merkel wie auch ihr Finanzminister Wolfgang Schäuble (beide CDU) beurteilten am Wochenende eine solche Variante sehr skeptisch.

Offenbar läuft es zunächst darauf hinaus, dass Griechenland zusätzliche Milliarden braucht. Eine aktuelle Analyse der Commerzbank geht davon aus, dass es nicht gelingen dürfte, dass das Land wie geplant im kommenden Jahr wieder an den Kapitalmarkt zurückkehren kann. Der Reformeifer vom Herbst 2010 scheint erlahmt zu sein, schreiben die Volkswirte. Auch gelinge es nach wie vor nicht, Steuern zeitnah einzutreiben. Angesichts der Tatsache, dass aktuell keine schnelle Lösung in Sicht ist, gehen die Autoren davon aus, dass die Staatengemeinschaft nicht umhin kommen wird, Griechenland ein weiteres Kreditpaket in Höhe von 50 bis 60 Milliarden Euro zu gewähren.

Autor: Henrik Böhme (mit dpa, rtr)
Redaktion: Nicole Scherschun