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Politik

Asyl: Endstation Zypern

Marianna Karakoulaki mir
11. September 2019

Um den Zustrom von Flüchtlingen zu bewältigen, braucht Zypern dringend die Unterstützung der EU. In notdürftig umgebauten Containern warten Asylsuchende teilweise jahrelang auf die Bearbeitung ihrer Anträge.

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Flüchtlingskrise auf Zypern
Bild: DW/M. Karakoulaki

In der Türkei haben Amir und Layla* eine Entscheidung getroffen, die ihr Leben verändern sollte: Sie entschlossen sich, politisches Asyl zu beantragen. Die beiden flohen aus dem Iran, nachdem die iranische Regierung, für die Amir arbeitete, Zweifel an seiner Religion geäußert hatte. Also verließen Amir und Layla das Land und reisten, soweit sie mit ihrem iranischer Pass kamen. Als sie so nicht mehr weiterkamen, führte sie ihr Weg über die Türkei nach Zypern. Dort beantragten sie Asyl.

Das Paar konnte legal in die Türkische Republik Nordzypern einreisen. Sie liegt im Norden der Mittelmeerinsel und wird nur von der Türkei als Staat anerkannt. Ein Großteil der Flüchtlinge kommt am Flughafen Ercan im türkischen Nordteil der Insel an und zieht dann weiter in den griechisch-zyprischen Süden. Seit Beginn der Flüchtlingskrise ist dort die Zahl der Asylsuchenden stark angestiegen. Im Jahr 2016 kamen 2871 Menschen. 2018 waren es schon 7713.

Infografik Asylanträge in Zypern DE

Von Januar bis Juni dieses Jahres haben bereits 6554 Menschen Asyl beantragt. In den nächsten Monaten sollen es noch einmal mehr werden. Gleichzeitig stapeln sich schon jetzt 14.000 Asylanträge in den Behörden des Landes. Die Regierung Zyperns hat bereits um die Unterstützung der EU bei der Umsiedlung von mindestens 5000 Migranten gebeten.

In einem Schreiben an die zyprische Regierung sicherte Dimitris Avramopoulos, EU-Kommissar für Migration, dem Land Unterstützung zu. Er erklärte, die EU habe schon bedeutende Schritte unternommen, um Zypern sowohl finanziell als auch organisatorisch zu helfen. Die Umsiedlung von Menschen in andere EU-Länder sei geplant. Außerdem habe die Europäische Union die Türkei daran erinnert, dass sie das Aufkommen neuer Fluchtrouten verhindern müsse.

Flüchtlingskrise auf Zypern
Amir und Layla bemängeln die Bedingungen im Flüchtlingslager in KofinouBild: DW/M. Karakoulaki

"Eine der größten Herausforderungen in Zypern ist der Rückstau der Asylanträge. Die Zahl der Anträge ist in den letzten zwei Jahren drastisch gestiegen und das System war nicht darauf vorbereitet. Es ist nicht für so eine hohe Anzahl von Asylbewerbern ausgelegt", sagt Katja Saha, Vertreterin des Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR).

"Eine erste Entscheidung über die Anträge sollte innerhalb von sechs Monaten getroffen werden. In Zypern kann der Prozess aber mehrere Jahre dauern. Bis eine endgültige Entscheidung gefällt wird, dauert es derzeit drei bis fünf Jahre. Es gibt besondere Fälle, in denen Menschen seit zehn Jahren den Status eines Asylbewerber tragen", sagt sie.

Schwierige Bedingungen

Nachdem Amir und Layla die ersten Schritte des Verfahrens durchlaufen hatten, wurden sie in das Flüchtlingslager in Kofinou gebracht. Das isolierte Lager nahe der Hafenstadt Larnaka ist das einzige Flüchtlingslager auf der Insel - mit Ausnahme des Notlagers bei Nikosia, das für Neuankömmlinge bestimmt ist.

Die Bewohner von Kofinou warten auf die Bearbeitung ihrer Asylanträge. 400 Personen haben dort Platz. Derzeit leben aber nur 250 Menschen in den umgebauten Containern.

Trotz der geringen Auslastung beschreibt Amir die Bedingungen als schrecklich. "Es gibt Kakerlaken und Käfer. Die Küche ist immer schmutzig und wir versuchen, nicht auf die Toiletten zu gehen", sagt er. Das Schlimmste sei jedoch die endlose Langeweile des Wartens.

"Wenn du weißt, dass du zum Beispiel ein Jahr bis zu deinem Asylgespräch warten musst, kannst du wenigstens vorausplanen. Aber wenn sie dir mitteilen, dass dein Interview in zehn Tagen stattfindet, zählst du die Stunden. Und dann sagen sie [die zyprischen Behörden, Anm. d. Red.] den Termin drei Tage vorher ab. Man kann sich nicht vorstellen, wie stressig das ist", sagt er.

Der lange Weg der Integration

Die Bedingungen verbessern sich allerdings auch nicht schlagartig, wenn jemand tatsächlich als Flüchtling anerkannt wird.

Flüchtlingskrise auf Zypern
Mohammed setzt sich für Sprachkurse für erwachsene Flüchtlinge einBild: DW/M. Karakoulaki

Mohammed entschloss sich kurzfristig, Asyl in Zypern zu beantragen. Er war für eine UN-Konferenz im Land und entschied, dass dies der perfekte Zeitpunkt war, um aus Somalia zu fliehen. Mohammed arbeitete als investigativer Journalist und schrieb über die islamistische Terrormiliz Al-Shabab.

Mohammed durchlief den gleichen Prozess wie Amir und Layla. Als er internationalen Schutz erhielt, durfte auch seine Frau nachkommen. Doch sein Leben hat sich nicht verbessert - denn Zypern hat kein nachhaltiges Integrationssystem.

"Als ich zum ersten Mal in Zypern ankam, hatte ich viele Probleme. In Somalia hatte ich einen gut bezahlten Job. Ich hatte Freunde. Hier hatte ich nichts. Mein Leben war unvollständig. Es ist nicht einfach, in der Gesellschaft anzukommen. Es braucht Zeit, um die Kultur und die Menschen kennenzulernen", sagt er.

Laut Mohammed wird die Zahl der Asylbewerber zu einem immer größeren Problem, weil Zypern nicht wirklich für die Aufnahme von so vielen Flüchtlingen gerüstet ist. Er versucht, Asylbewerbern und Flüchtlingen bei ihrer Integration zu helfen. Eine Möglichkeit ist, sie zu ermutigen, die Landessprache zu lernen. Deshalb hat Mohammed eine Online-Petition ins Leben gerufen, um griechischen Sprachunterricht für Flüchtlinge zu erkämpfen.

Einen Beitrag für die Gesellschaft leisten

"Wenn Flüchtlinge eine ordentliche Ausbildung erhalten, können sie mehr zur zyprischen Gesellschaft beitragen. Und wenn einige dann ins Ausland gehen und ein erfolgreiches Leben führen, können die Menschen sagen, dass diese Flüchtlinge ein Produkt Zyperns sind." Flüchtlinge und Asylbewerber unternehmen alle Anstrengungen, um Teil der Gesellschaft zu sein und einen Beitrag zur Gesellschaft zu leisten. Jobaussichten haben sie aber nur in der Landwirtschaft und im Dienstleistungssektor.

Laut Katja Saha vom UNHCR ist der Zugang zum Arbeitsmarkt der Schlüssel für eine erfolgreiche Integration. "Die Asylbewerber und Flüchtlinge, die zu uns kommen, wollen nicht von Sozialleistungen abhängig sein. Sie wollen mit Würde und Respekt behandelt werden."

*Einige Namen wurden geändert, um die Identität der Personen zu schützen. Manche Zitate wurden zwecks besserer Lesbarkeit bearbeitet.