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Asien rüstet auf

Helle Jeppesen17. März 2014

China rüstet nicht nur die eigenen Streitkräfte massiv auf, sondern verkauft auch Waffen an andere Länder - vor allem in Asien. Mittlerweile ist die Volksrepublik der viertgrößte Exporteur von schweren Waffen weltweit.

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Militärparade in China (Foto: AP)
Bild: AP

China, Indien und Pakistan sind die größten Waffenimporteure der Welt: Das geht aus dem aktuellen Bericht zum internationalen Waffenhandel hervor, den dasStockholmer Friedensforschungsinstitut SIPRI am Montag (17.03.2014) veröffentlicht hat.

Von einem Rüstungswettlauf möchte SIPRI-Experte Pieter Wezeman trotzdem nicht sprechen: "Die Aufrüstung ist nicht außer Kontrolle, obwohl sie sicherlich Risiken birgt." Er ist einer der Hauptautoren der Studie über globale Transfers von schweren Rüstungsgütern wie Schiffen, U-Booten, Flugzeugen, Panzern und Raketensystemen. Nach dem Bericht hat Indien in den vergangenen fünf Jahren seine Rüstungsimporte um 111 Prozent erhöht im Vergleich zu den fünf Jahren davor. Wenn Indien den Rüstungsetat erhöhe, so Wezemann, dann würden Pakistan und China folgen.

Der Volkskongress in Peking stimmte in diesem Jahr für eine Erhöhung der eigenen Rüstungsausgaben um mehr als zwölf Prozent. Doch nicht nur die chinesischen Waffenimporte - vor allem aus Russland - sondern auch die Exporte der expandierenden chinesischen Rüstungsindustrie steigen rasant.

Chinas Waffen werden immer besser

So setzen Pakistan, Bangladesch und Myanmar auf Waffensysteme aus China, die mittlerweile auch konkurrenzfähig sind. "Chinesische Waffen waren früher eher preiswert, oft nicht von bester Qualität und technisch nicht hochentwickelt", so Wezeman. Das habe sich geändert: "China hat seine Rüstungsindustrie modernisiert und die meisten Experten sind sich einig, dass chinesische Waffen heute erheblich besser sind als früher." Er sieht in der Rüstungsindustrie eine ähnliche Entwicklung wie im Bereich der Elektrogeräte, wo chinesische oder südkoreanische Hersteller mittlerweile weltweit erfolgreich sind.

Pieter Wezeman vom Stockholmer Friedensforschungsinstitut SIPRI (Foto: Privat)
Wezeman: Chinesische Waffen werden immer besserBild: privat

Für Jan Grebe, wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Internationalen Friedens- und Konfliktforschungsinstitut (BICC) in Bonn, ist die Expansion der chinesischen Rüstungsindustrie eine beunruhigende Entwicklung, "weil China kein so ausgeprägtes Kontrollsystem hat wie zum Beispiel die EU oder auch die USA oder Kanada". Er bezeichnet die steigenden Waffenexporte Chinas als ein "politisches Instrument der chinesischen Regierung" und nennt als Beispiel die chinesischen Waffenverkäufe an Myanmar. "China wird sicherlich auch Länder beliefern, die in anderen Staaten eben nicht kaufen können", so Jan Grebe.

Maritimes Konfliktpotenzial

Das BICC wertet regelmäßig Berichte von Forschungsinstituten wie SIPRI in Stockholm aus und veröffentlicht jedes Jahr einen globalen Militarisierungsindex. "Der gesamte Kontinent Asien ist seit Jahren der größte Absatzmarkt für Rüstungsgüter", betont Jan Grebe und verweist auch auf die Modernisierungsmaßnahmen in Ländern wie Vietnam, Singapur, Indonesien oder Südkorea.

Vor allem im maritimen Bereich, so Grebe, gebe es viele ungelöste Territorialkonflikte, weil die Grenzen unklar seien. "Hier besteht das Problem, dass es keine vernünftigen Institutionen zur Konfliktlösung in der Region gibt", meint er. "Das leistet natürlich solchen Aufrüstungsbestrebungen Vorschub und erhöht unweigerlich das Eskalationspotenzial im Falle eines Zusammenstoßes etwa von Schiffen im Südchinesischen oder Ostchinesischen Meer."

Russland treibt Rüstungsindustrie voran

Der aktuelle SIPRI-Bericht zeigt zudem, dass Moskau seine Rüstungsindustrie voranbringen will. Auch nach dem Ende des Kalten Krieges ist Russland der zweitgrößte Waffenexporteur weltweit geblieben. Der größte sind nach wie vor die USA.

Jan Grebe vom internationalen Friedens- und Konflikforschungsinstitut BICC in Bonn (Foto: BICC)
Grebe: Russland rüstet kräftig aufBild: BICC

"Die Regierung in Moskau hat in den vergangenen Jahren immer wieder angekündigt, Milliarden-Summen in den nächsten Jahren in die Rüstungsindustrie zu investieren, um sie zu modernisieren und neue Rüstungstechnologien und Waffensysteme zu entwickeln", so Jan Grebe. Gleichzeitigsetze Russland auch weiterhin auf Rüstungsexporte.

Doch für Moskau zählten nicht nur die wirtschaftlichen Aspekte, sondern auch strategische und politische. "Länder wie Weißrussland oder Kasachstan bekommen immer noch russische Waffen zum Freundschaftspreis oder gar geschenkt", sagt Pieter Wezeman. Als Beispiel für die politische Dimension der russischen Waffenverkäufe nennt er Syrien: "Russland hat beschlossen, Baschar al-Assad auch weiterhin mit Waffenlieferungen zu unterstützen, obwohl das wirtschaftlich nicht viel Sinn hat."

Europa sucht neue Märkte

Frankreichs Rüstungsindustrie, die nach den neuen Daten von SIPRI nun von China überholt wurde, habe in den vergangenen fünf Jahren 30 Prozent weniger exportiert als in den fünf Jahren davor. Im Fall Deutschlands sind die Exporte von schweren Waffen um 24 Prozent eingebrochen. Das liegt vor allem daran, dass die europäischen Länder und die NATO-Partner weniger in Rüstungsgüter investieren als früher. Um die Verluste auf dem Heimatmarkt aufzufangen, brauchen die europäischen Hersteller neue Märkte außerhalb Europas.

Zahlungskräftig und kaufwillig sind vor allem die Länder im Nahen Osten. Fast ein Fünftel der weltweiten Rüstungsexportgüter gehen in diese Region, zeigt der SIPRI-Bericht. Doch der Export in diese Länder ist für die europäischen Rüstungskonzerne nicht einfach: Um außerhalb der EU und der NATO verkaufen zu können, gibt es Restriktionen. Die europäischen Regierungen müssen die Ausfuhren genehmigen.

Deutschland Lieferung von Dolphin U-Booten an Israel (Foto: dpa)
Deutsche Waffenlieferungen sind mit Exportrestriktionen belegtBild: picture-alliance/dpa

Jahrelang sei die Exportpolitik der Bundesregierung für Rüstungsgüter sehr restriktiv gewesen, sagt Jan Grebe vom BICC. Das scheint sich nun zu ändern. "Jüngste Geschäfte deuten darauf hin, dass die Bundesregierung bereit ist, auch kritische Staaten mit Rüstungsgütern zu beliefern". Als Beispiele nennt er Saudi-Arabien, Katar, Indonesien oder Singapur. "Das deutet darauf hin, dass zu einem gewissen Maße dem Druck aus der Industrie nachgegeben wird, andere Absatzmärkte zu finden."