Mehr als 150 Tote nach Kabuler Anschlag
6. Juni 2017Bei dem Anschlag im Botschaftsviertel der afghanischen Hauptstadt sind nach Angaben der afghanischen Regierung deutlich mehr als die ursprünglich gemeldeten 90 Menschen getötet worden. Mehr als 150 Menschen seien getötet und mehr als 300 weitere schwer verletzt worden, sagte Präsident Aschraf Ghani (Artikelbild, M.) bei einer Friedenskonferenz in der afghanischen Hauptstadt. Der Angriff habe dem gesamten Diplomatenviertel gegolten. Zuvor hatten Sicherheitskräfte und Sprecher des afghanischen Gesundheitsministeriums von rund 90 Toten und 460 Verletzten gesprochen.
Eine Lastwagenbombe war am vergangenen Mittwoch in unmittelbarer Nähe der deutschen Botschaft mitten im hochgesicherten Diplomaten- und Regierungsviertel von Kabul explodiert, hatte aber fast auschließlich afghanische Zivilisten getötet. Bei der Explosion wurde auch die deutsche Botschaft erheblich beschädigt. Die afghanische Regierung machte das mit den Taliban verbündete Hakkani-Netzwerk für die Tat verantwortlich. Dieses soll auch hinter einem Anschlag auf ein Begräbnis mit hochrangigen Gästen stecken, bei dem am Samstag mindestens sieben Menschen getötet wurden.
Auf der internationalen Friedens- und Sicherheitskonferenz in der Hauptstadt Kabul warnte Präsident Ghani die radikalislamischen Taliban vor einem Umsturzversuch. Es werde ihnen nicht gelingen, die Regierung zu stürzen. Ghani sagte weiter, dass die Zahl der ausländischen Kämpfer in den vergangenen Jahren von 200 auf 11.000 gestiegen sei. Afghanische Sicherheitskräfte schieben schon lange viele Sicherheitsprobleme auf diese ausländischen Kämpfer.
Die Konferenz dient nach Angaben der Regierung dem Ziel, die internationale Staatengemeinschaft in die Bemühungen einzubinden, die Sicherheit am Hindukusch wiederherzustellen. An der Konferenz nehmen Vertreter aus rund zwei dutzend Staaten teil, darunter neben den USA auch Indien, China sowie Pakistan, dem Kabul Unterstützung der radikalislamischen Taliban vorwirft.
Die Sicherheitslage hat sich in Afghanistan besonders seit dem Abzug der meisten internationalen Truppen Ende 2014 drastisch verschlechtert. Auch deshalb diskutieren NATO-Partner, ob sie wieder mehr Truppen nach Afghanistan schicken sollen. Die Bundeswehr hat derzeit rund 940 Bundeswehrsoldaten im Land (Stand April). Der Einsatz ist immer noch ihr größter weltweit.
In Afghanistan gibt es immer mehr Gebiete, in denen die Regierung weder Recht noch Ordnung durchsetzen kann. Sicherheitsexperten befürchten, dass diese neuen großen rechtsfreien Räume Al-Kaida-Kämpfern und aus Syrien und dem Irak fliehenden Kämpfern der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) eine Zuflucht bieten könnten.
stu/cr (afp, dpa, rtr)