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Argentiniens absehbarer Weg in die Pleite

Frauke Steffens31. Juli 2014

In New York sind die Verhandlungen zwischen Argentinien und seinen Schuldnern gescheitert. Das Land steht vor der Pleite. Es wäre das zweite Mal innerhalb weniger Jahre. Wer hat schuld?

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Symbolbild Argentinien Wirtschaft
Bild: picture alliance/Demotix

Geierfonds, Pleitenprofiteure, von Gier getriebene Kapitalisten - für viele Beobachter ist klar, wer schuld ist, dass Argentinien kurz vor der zweiten Staatspleite in diesem Jahrtausend steht. Die Hedgefonds, von der argentinischen Regierung als "erpresserisch" bezeichnet.

Aus der Sicht der amerikanischen Investoren ist die Angelegenheit klar: Wer Schulden macht, muss sie zurückzahlen. Josh Rosner ist Analyst und Berater. Für die Consulting-Firma Graham Fisher berät er von New York aus Regierungen und Investoren auf der ganzen Welt. Die argentinische Schuldenkrise hat er vor Ort selbst untersucht.

Argentinien stehe am Ende eines Jahrzehnts der Verluste, sagt Rosner. Nach der ersten Staatspleite 2001 sei das Land praktisch von den internationalen Finanzmärkten ausgeschlossen worden, es habe kein Geld mehr bekommen.

Rosner vergleicht Argentinien mit den Nachbarländern in Südamerika: "Wenn man sieht, wie die anderen Länder zu kämpfen haben, ist Argentiniens Situation besonders traurig", sagt er. Denn wenn wieder Investitionen in das Land flössen, könne Argentinien mit seinen Ressourcen und seiner hoch qualifizierten Bevölkerung durchaus die erfolgreichste Wirtschaft des Kontinents sein.

Juristische Zwickmühle

Argentinien hat sich selbst in ein juristisches Dilemma manövriert. Das Land hatte sich bereits mit 97 Prozent der Gläubiger geeinigt. Die sollten nur noch 30 Prozent ihres Geldes zurück bekommen und auf den Großteil verzichten. Ein großzügiger Schuldenschnitt. Aber in dieser alten Einigung gibt es eine Klausel, dass die damaligen Gläubiger neue Forderungen stellen können, wenn Argentinien sich mit dem Rest der Gläubiger anders einigt. Der kleine Drei-Prozent-Rest der Gläubiger, das sind Hedgefonds wie Elliot.

Porträt - Josh Rosner
Josh Rosner berät Regierungen und InvestorenBild: privat

Jetzt, wo diese Hedgefonds vor einem amerikanischen Gericht Recht bekommen haben und ihr gesamtes Geld zurück haben wollen, könnte das Land dadurch also vor neuen Milliardenforderungen stehen, die es eigentlich schon für erledigt gehalten hatte. Deswegen könnte Argentinien lieber Staatsbankrott anmelden, statt zu zahlen. Juristen streiten allerdings darüber, ob die Klausel wirklich gilt, wenn eine Gerichtsentscheidung Argentinien zur Zahlung zwingt.

Ideologie der Autarkie

Dennoch: die Situation ist eine Zwickmühle. Und der Streit um die Schulden habe schon mehr Schaden angerichtet, als die Schulden selbst, sagt Berater Rosner. Argentinien habe zu lange geglaubt, das Land könne allein existieren, völlig autark sein, unabhängig von den internationalen Märkten.

Eine Einigung hätte durchaus positive Folgen für Argentinien haben können, sagt Rosner: "Niedrigere Zinsen und der Zugang zu den internationalen Märkten würden Argentinien 70 Milliarden einbringen. Unseren Berechnungen zufolge hat sich Argentinien außerdem schon 50 Milliarden ausländische Direktinvestitionen entgehen lassen, wenn man es mit den Nachbarstaaten vergleicht."

Die meisten Menschen in Argentinien seien dafür, dass die Schulden zurückgezahlt werden, sagt Rosner und bezieht sich auf mehrere Umfragen, an deren Durchführung er selbst beteiligt war: "Die meisten Leute in Argentinien verstehen, was läuft und wollen eine Lösung." Die Menschen in Argentinien wüssten auch, dass man die Bedingungen der Rückzahlung akzeptiere, wenn man sich auf Basis des internationalen Rechts Geld leihe.

Anwälte profitieren vom Streit um die Schulden

Dass die Situation so verfahren ist, kreidet Josh Rosner auch den Anwälten Argentiniens an: jede Stunde, die der Konflikt weitergeht, sei bares Geld für sie. Ein Dokument der Anwälte belege, dass diese Argentinien selbst zur Pleite geraten hätten. "Das ist verrückt", sagt Rosner. Die Anwälte hätten einen Anreiz, den Konflikt in die Länge zu ziehen, denn sie würden schließlich nicht nach Erfolg bezahlt, sondern nach Stunden.

Wenn Argentinien wieder pleite geht, dann sind die Einwohner des Landes die Leidtragenden. Dann drohen Rezession, wirtschaftliche Isolation und politische Unruhe. Beim letzten Mal hatte das Land fünf Präsidenten hintereinander – innerhalb von nur zwei Wochen.