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AfD zweitstärkste Kraft im ARD-Deutschlandtrend

6. Juli 2023

Der Höhenflug der AfD hält weiter an. Die Bürger sind zutiefst beunruhigt von den Verhältnissen in Deutschland. Davon profitiert die Alternative für Deutschland.

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Glastür mit Aufschrift "AfD-Fraktion im Deutschen Bundestag"
Kommt im Bundestrend erstmals auf 20 Prozent: Die "Alternative für Deutschland"Bild: Jens Krick/Flashpic/picture alliance

Es ist politisch etwas in Bewegung geraten. Bei zwei kommunalen Wahlen hat es die in Teilen rechtsradikale Partei Alternative für Deutschland erstmals geschafft, den Posten eines Landrats und eines Bürgermeisters zu gewinnen. Die beiden Orte liegen im Osten Deutschlands, dort, wo die AfD ohnehin sehr stark ist. Im Bundesland Thüringen lag sie in Umfragen zuletzt bei 34 Prozent.

Doch auch auf Bundesebene legt die Partei weiter zu. Bei einer Bundestagswahl zum jetzigen Zeitpunkt käme die AfD auf 20 Prozent. Das ist der höchste Wert, der bislang im ARD-Deutschlandtrend gemessen wurde. Für die aktuelle, repräsentative Erhebung befragte das Meinungsforschungsinstitut infratest dimap zwischen dem 3. und 5. Juli 1305 wahlberechtigte Bundesbürger.

Die regierenden Ampel-Parteien wären weiter ohne Mehrheit. Die SPD würde wie Anfang Juni 18 Prozent (+/-0) erzielen. Die Grünen hätten 14 Prozent (-1) in Aussicht, ihr schlechtester Wert seit September 2018. Die FDP käme unverändert auf sieben Prozent. Stärkste Kraft bei einer aktuellen Bundestagswahl wäre die CDU/CSU mit 28 Prozent (-1 zu Anfang Juni). Die Linkspartei wäre mit vier Prozent nicht mehr im Bundestag vertreten.

Mehr Zustimmung für rechte Meinungen

Im Vergleich der letzten Jahre zeigt sich, dass die Distanz der Bürger zur AfD geringer geworden ist. Zwar ist weiterhin eine Mehrheit der Befragten der Ansicht, dass es in der AfD zu viele Rechtsextreme gibt (69 Prozent). Diese Haltung war vor sechs Jahren mit 85 Prozent jedoch noch wesentlich ausgeprägter. Auch der Zuspruch für die restriktive Haltung der AfD beim Thema Zuwanderung ist gestiegen.

Fand es im Herbst 2017 ein gutes Drittel gut, dass die AfD den Zuzug von Ausländern und Flüchtlingen stärker begrenzen will als andere Parteien, sind es nunmehr 42 Prozent. Gewachsen ist auch die Zahl derer, die der Partei attestieren, Probleme zumindest beim Namen zu nennen: Von 44 Prozent im Herbst 2013 auf nunmehr 55 Prozent. Für ebenso viele hat die AfD ein besseres Verständnis für das Sicherheitsempfinden vieler Menschen als andere Parteien (53 Prozent). Im Herbst 2021 waren es 42 Prozent.

Bröckelt die "Brandmauer" gegen die AfD?

Ein erheblicher Anteil der AfD-Anhänger gibt an, vornehmlich aus Unzufriedenheit gegenüber den anderen Parteien die AfD zu wählen und nicht aus Überzeugung. Die Meinungsforscher kommen dennoch zu dem Schluss, dass die AfD-Präferenz keineswegs Ausdruck diffusen Protests ist. So signalisieren drei Viertel der AfD-Anhänger (77 Prozent), dass die AfD ihren persönlichen politischen Grundvorstellungen nahe (57 Prozent) oder sehr nahe (20 Prozent) steht.

Eine Zusammenarbeit mit der AfD lehnen alle anderen Parteien bislang kategorisch ab. Bei den Bürgern teilen 43 Prozent diese Meinung. Ein Drittel ist grundsätzlich offen für eine fallweise Entscheidung, während 17 Prozent es gut finden würden, wenn die AfD an der Regierung beteiligt würde. Dieser Wert kommt zustande, weil 60 Prozent der AfD-Anhänger dieser Meinung sind.

Wie keine andere Partei profitiert die AfD von der Unzufriedenheit der Bürger mit der Bundesregierung.Ein knappes Viertel der Bundesbürger (23 Prozent; +3) und damit kaum mehr als beim Tiefstand im Juni ist gegenwärtig mit der Berliner Regierungsarbeit zufrieden, drei von vier Befragten (75 Prozent; -4) äußern sich stattdessen negativ.

Große Verunsicherung

Selbst in den eigenen Reihen überzeugt die Arbeit der Ampel nicht wirklich. Unter den Anhängern von SPD und Grünen halten sich Zuspruch und Ablehnung gegenwärtig nur noch etwa die Waage. Die FDP-Anhänger äußern sich bereits seit längerem überwiegend kritisch.

Die Meinungsforscher stellen im ARD-Deutschlandtrend eine tiefe Verunsicherung in der deutschen Bevölkerung fest. Zwar hat sich die Stimmung im Vergleich zum letzten Herbst verbessert, aber aktuell sehen immer noch 77 Prozent der Bundesbürger in den Verhältnissen in Deutschland Anlass zur Beunruhigung. Nur 18 Prozent lassen Gründe zur Zuversicht erkennen.

Befragt nach den Gründen für die Verunsicherung nennt jeder Fünfte die hohen Preissteigerungen, aber auch den Klimawandel und die klima- und energiepolitische Reaktion darauf, dicht gefolgt von der Migration nach Deutschland. 16 Prozent sehen im Krieg gegen die Ukraine, 15 Prozent in der Stärke der AfD und einem möglichen gesellschaftlichen Rechtsruck Anlass zur Beunruhigung, 11 Prozent in der aktuellen wirtschaftlichen Lage.

Klimaschutz mit Verboten - das kommt nicht gut an

Jeder Vierte (25 Prozent) begründet seine kritische Perspektive auf die bestehenden Verhältnisse in Deutschland ganz allgemein mit einem derzeit enttäuschenden Handeln von Politik und Regierung. Das bekommen vor allem die Grünen zu spüren. Mit ihrer Arbeit waren im Herbst 2022 noch 34 Prozent der Befragten zufrieden, jetzt sind es nur noch 20 Prozent.

Erhebliche Kritik gibt es daran, wie und mit welcher Geschwindigkeit die Grünen ihre Klimapolitik durchsetzen wollen. Von direkten Verboten halten die wenigsten Bürger etwas. Nur bei den Anhängern der Grünen und der SPD gibt es dafür eine Mehrheit.

Für viel Ärger und Frust bei den Bürgern hat die Idee gesorgt, ab dem 1. Januar 2024 den Einbau von Gas- und Ölheizungen zu verbieten. Zwar hat die Regierung den Gesetzentwurf noch einmal überarbeitet und entschärft. Trotzdem bleibt das Vorhaben umstritten. 45 Prozent der Bundesbürger gehen die angedachten Maßnahmen zu weit, 35 Prozent halten sie für angemessen. Zehn Prozent der Befragten sagen, dass ihnen die Maßnahmen nicht weit genug gehen.

Eigentlich wollte die Bundesregierung das Gesetz noch vor der Sommerpause vom Bundestag beschließen lassen. Doch das Bundesverfassungsgericht hat das gestoppt. Die Parlamentarier sollen mehr Zeit bekommen, um über das Gesetz zu beraten. Das Thema bleibt also erhalten.