Architekten bauen am guten Ruf
14. September 2004In letzter Zeit sind zeitgenössische deutsche Architekten aus dem Blickfeld geraten, besonders im Ausland. Weniger als zwei Prozent bekommen Aufträge außerhalb Deutschlands, obwohl deutsche Exporte auf anderen Gebieten der Renner sind. Sogar der Berliner Reichstag wurde nach dem Fall der Mauer von Sir Norman Foster umgestaltet - einem Briten. Kaum vorstellbar, dass Briten, Franzosen oder Dänen ihre eigenen Talente bei solch einem Auftrag übergehen würden. Doch während einige behaupten, die Tage guter deutscher Architektur seien gezählt, wollen andere die Lage ändern.
Operation gutes Image
Für die Architektur-Biennale in Venedig, die im September 2004 gestartet ist, haben Kuratoren eine besondere Ausstellung organisiert: "Deutschlandschaft" soll den deutschen Ideenreichtum illustrieren und im Ausland Interesse wecken.
In der Zwischenzeit hat die Bundesarchitektenkammer (BAK) eine Initiative gestartet, das Netzwerk Architekturexport (NAX). Es soll auf der Welt für deutsche Architektur werben und denen helfen, die ihr Glück im Ausland suchen.
Solide, aber uncharmant
Wie ist deutsche Architektur, die mit "Bauhaus" einst zu den führenden der Welt gehörte, so in Ungnade gefallen? Thomas Weller, Direktor der NAX-Initiative, gesteht, dass das Image ein Problem ist. "Es stimmt, dass Ausländer denken, deutsche Architektur sei technisch weit vorne, aber dass es ihr an Charme und Esprit fehlt. Sie ist ihnen zu bodenständig", erklärte er gegenüber DW-WORLD.
Für Ingeborg Flagge, Kuratorin beim Deutschen Architektur-Museum (DAM) in Frankfurt, ist vieles Geschmackssache. "Deutsche bauen keine Lamborghinis", sagt sie, "sie bauen Porsches und Mercedes."
Außerdem macht sich Flagge eher praktische Gedanken. "Lange Zeit hat es sich für deutsche Architekten nicht ausgezahlt, im Ausland zu arbeiten, weil es daheim im Nachkriegsdeutschland reichlich zu tun gab", sagt sie. Darüber hinaus habe Deutschland keine Kolonien gehabt und deshalb wenige kulturelle Verbindungen ins Ausland.
Nach Ansicht von Klaus-Dieter Weiss, Architekturkritiker und Autor von "Junge deutsche Architekten und Architektinnen", sind die Deutschen teilweise selber schuld an ihrer Lage. Sie würden sich nicht gerne in den Vordergrund drängen - sei es aus Schüchternheit oder Mangel an Selbstbewusstsein.
Mit mehr Theorie an die Spitze
Für Jens Ludloff vom Büro Sauerbruch Hutton, einem Gewinner des angesehenen Preises des Royal Institute of British Architects 2004, liegt der Grund für die deutsche Zurückhaltung in der Vergangenheit, bei Nazi-Architekten wie Albert Speer. "Aufgrund dieser Erfahrung haben deutsche Architekten ein anderes Selbstbewusstsein", erklärt er DW-WORLD. Selbst wenn Deutsche visionäre Arbeit leisten würden - sie würden es keinem erzählen.
Wer sind nun die unbekannten Stars der deutschen Architekten? Für Klaus Weiss gehört auf jeden Fall der Hamburger Carsten Roth dazu. Dessen Designs, wie etwa mehrere Wohnprojekte und ein CD-Verpackungszentrum in Röbel, würden auf provokativen theoretischen Studien beruhen.
Laut Weiss ist es gerade diese Rückbesinnung auf die Theorie und auf raffinierte Ideen, die fehlt, um Deutsche wieder an die Spitze der internationalen Architekturszene zu bringen.