Appell gegen Polizeigewalt bei Trauerfeier
1. Februar 2023In der Kirche in Memphis im US-Bundesstaat Tennessee hatten sich mehrere Hundert Trauergäste versammelt. Neben den Eltern, Geschwistern und Verwandten von Tyre Nichols waren auch Angehörige anderer Opfer von Polizeigewalt sowie zahlreiche Bürgerrechtler dabei.
US-Vizepräsidentin Kamala Harris sagte in ihrer bewegenden Ansprache, das Verprügeln von Nichols, einem 29-jährigen Schwarzen, durch fünf schwarze Polizeibeamte Anfang Januar sei "eine Gewalttat gewesen, die dem erklärten Auftrag der Polizei, die öffentliche Sicherheit zu gewährleisten, zuwiderlief". Harris betonte, dass "öffentliche Sicherheit" für Tyre Nichols hätte bedeuten müssen, dass er in den Händen der Polizei sicher ist - und nicht, dass er durch die Hände und Füße von Polizisten stirbt.
Forderungen nach Polizeireform
Ihrer Forderung nach einer umfassenden Polizeireform schlossen sich die Mutter des Opfers, RowVaughn Wells, und sein Stiefvater Rodney Wells an. Der Bürgerrechtler und Baptistenprediger Al Sharpton betonte in seiner Predigt, dass die Polizisten, die Nichols brutal geschlagen und getreten haben, "vielleicht anders gehandelt hätten, wenn es eine echte Verantwortlichkeit für ihre Handlungen gegeben hätte". Man bekämpfe das Verbrechen nicht, indem man selbst zum Verbrecher werde, sagte Sharpton.
Die von Kamala Harris angesprochene Reform sieht ein nationales Register für polizeiliches Fehlverhalten vor, damit Polizisten nicht mehr so leicht davonkommen. Außerdem soll es Strafverfolgungsbehörden verbieten, Profile nach ethnischen und religiösen Gesichtspunkten zu erstellen. Bislang ist das Gesetz im Senat gescheitert.
Tod nach Verkehrskontrolle
Tyre Nichols war am 7. Januar in der Großstadt Memphis bei einer Verkehrskontrolle brutal zusammengeschlagen worden. Drei Tage später starb der 29-Jährige im Krankenhaus an seinen Verletzungen. Der Fall löste in mehreren US-Städten Proteste aus und fachte die Debatte über Polizeigewalt neu an.
Fünf schwarze Polizisten, die an dem Einsatz beteiligt waren, wurden aus dem Dienst entlassen. Gegen sie wurde Anklage erhoben. Den fünf Männern wird Mord zweiten Grades und schwere Körperverletzung vorgeworfen. Die Sondereinheit, der sie angehörten, wurde mittlerweile aufgelöst. Auch zwei Sanitäter und die Fahrerin eines Rettungswagens verloren ihre Jobs, weil sie Nichols nicht angemessen versorgten.
mak/AR (dpa, rtre, ape)