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Angst vor einer EM der Gewalt

Nick Amies31. Mai 2004

Die Europameisterschaft in Portugal wird von den größten Sicherheitsmaßnahmen der Fußballgeschichte begleitet. Deutsche, englische und portugiesische Polizisten sind schon jetzt in Portugal im Einsatz.

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Solche Szenen sollen verhindert werden: Hooligans in Charleroi bei der EM 2000Bild: AP

Während die Mannschaften und ihre Fans aufgeregt die verbleibenden Tage bis zum Anpfiff der EM in Portugal zählen, tun Sicherheitskräfte in ganz Europa das gleiche - allerdings aus völlig anderen Gründen. Das Sommerspektakel verspricht Fußballdramen, sportlichen Herzschmerz und Ekstase. Gleichzeitig besteht allerdings die Gefahr, dass ein Zusammentreffen einiger der berüchtigtsten europäischen Fußballfans zu einem Ausbruch der Gewalt führen könnte.

Bei der EM 2000, ausgerichtet von Holland und Belgien, wurden 850 meist englische Fans festgenommen, nachdem es zu schweren Ausschreitungen in den Stadtzentren von Brüssel und Charleroi gekommen war. Obwohl sie gemeinhin als "englische Krankheit" bezeichnet wird, hat die Gewalt von Fußball-Hooligans auch in vielen anderen Ländern fruchtbaren Boden gefunden. Die Aussicht, dass die berüchtigten Hooligans aus England, Deutschland und den Niederlanden auf den Straßen Portugals aufeinandertreffen könnten, hat die europäischen Sicherheitsbehörden wachgerüttelt.

Ausreiseverbot für deutsche Verdächtige

Wie bei der letzten EM, hat die deutsche Polizei angekündigt, 4500 bekannten Hooligans die Reise nach Portugal zu verbieten. Im Jahr 2000 war es trotz der verstärkten Grenzkontrollen ausreichend vielen Hooligans gelungen nach Belgien einzureisen, um sich dort Schlachten mit ihren englischen Rivalen zu liefern.

Ein Polizist überprüft die Personalien eines Neo-Nazis
Polizeikontrollen bei verdächtigen HooligansBild: AP

Die deutsche Polizei macht sich keine Illusionen über die anstehende Herausforderung: "Wir rechnen mit einer großen Anzahl von Hooligans. In der Szene besteht ein großes Interesse an der Europameisterschaft", betonte Michael Endler, Chef der Zentralen Informationsstelle Sporteinsätze (ZIS) beim Landeskriminalamt Düsseldorf, in einem "Spiegel"-Interview. Zusätzlich zur Beschränkung der Reiserechte von erwiesenermaßen gewaltbereiten Hooligans wird die ZIS eine Spezialeinheit "mit Insiderwissen aus der Szene" entsenden, um verdächtige Hooligans während des Turniers zu überwachen. Laut dem "Spiegel" fürchtet die Polizei, deutsche Hooligans könnten über schlecht kontrollierbare Straßen nach Portugal reisen. Flughäfen, Häfen und Bahnhöfe würden hingegen von der Polizei überwacht, die jeden einschlägig Vorbestraften umgehend deportieren könne.

Die Innenminister Deutschlands und Englands, Otto Schily und Hazel Blears, sagten den portugiesischen Sicherheitskräften Unterstützung gegen Gewalt während des Turniers zu. Die britischen Behörden haben bereits begonnen, die Pässe von 2500 bekannten Gewalttätern einzuziehen, um sie an der Ausreise zu hindern.

Rund 120 ausländische Beamte unterstützen ihre portugiesischen Kollegen bei der teuersten und größten Sicherheitsaktion der Fußballgeschichte. Zur Verstärkung ihrer 50.000 Polizeibeamten hat die Regierung in Lissabon bereits über 16,5 Millionen Euro in neue Ausrüstung investiert - darunter mehr als 150 neue Polizeiwagen, Tränengas und Polizeihunde.

Hartes Durchgreifen angekündigt

Hooligans in Charleroi, Euro 2000
Solche Szenen sollen verhindert werden: Hooligans in Charleroi bei der EM 2000Bild: AP

General Leonel Carvalho, der Sicherheitschef für die EM, bezeichnet die Politik seiner Truppe als "graduell ansteigende Reaktion": "Das Spektrum geht von 'sanft' über 'halbsanft', 'hart' und schließlich 'aggressiv'", fasst er zusammen. "Wir haben nicht die Möglichkeit, einzuschreiten und irgendetwas zu verhindern, bevor es passiert. Wir können nur danach handeln. Wenn wir jemanden festnehmen, müssen wir das begründen."

Lissabon, wo in der Vorrunde Deutschland und Holland spielen, hat für die Zeit der EM seiner Polizei eine strikte Urlaubssperre auferlegt. 2000 zusätzliche Polizisten sollen in die Hauptstadt verlegt werden. 2000 weitere Beamten haben ein Sondertraining für das Turnier absolviert. Sie werden bewaffnet, mit Schlagstöcken und Tränengas gegen gewalttätige Fans vorgehen. Einige von ihnen sollen Polizeiwachen an der 724 Kilometer langen Küste verstärken, wo die meisten ausländischen Fans wohnen werden.