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Andauernde Kämpfe in Syrien

12. Februar 2012

Während die Arabische Liga über die Lage in Syrien beriet, gingen die Kämpfe zwischen Sicherheitskräften und Regime-Gegnern unvermindert weiter.

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Trauernde beten während der Beerdigung eines syrischen Rebellen (Foto: DAPD)
Trauernde beten während der Beerdigung eines syrischen RebellenBild: dapd

Syrische Regierungstruppen haben am Wochenende (11./12.02.2012) erneut mehrere Oppositionshochburgen unter Beschuss genommen. Nach Angaben von Aktivisten sind allein am Sonntagvormittag landesweit mindestens elf Menschen getötet worden, die meisten von ihnen in der Stadt Homs. Auch die Provinzen Daraa und Hama seien erneut angegriffen worden. Am Samstag wurden landesweit etwa 50 Tote vermeldet, die meisten ebenfalls in Homs. Zugleich deuten die Ermordung eines hohen syrischen Militärarztes durch Oppositionskräfte sowie zwei Bomben-Anschläge in Aleppo, bei denen das Terrornetzwerk Al-Kaida als möglicher Drahtzieher genannt wird, auf eine zunehmende Verhärtung der Bürgerkriegsfronten.

Mangel an Medikamenten

"Die Situation übersteigt jede Vorstellungskraft", äußerte sich Mohammed (Name von der Redaktion geändert) am Sonntag gegenüber der DW. Der 35-jährige Regime-Gegner aus Damaskus war vor einigen Wochen am Rande einer Demonstration festgenommen, interniert und gefoltert worden. Inzwischen ist er wieder auf freiem Fuß. Sein Appell: "Gerade die belagerten Städte brauchen Nahrung und Medikamente. Das Rote Kreuz muss dringend Zugang zu diesen Städten bekommen."

Nach Angaben der Vereinten Nationen sind seit Beginn des Aufstands gegen das Assad-Regime mehr als 5000 Menschen getötet worden. Die genaue Zahl ist unbekannt, da die syrische Regierung entsprechende Informationen unterbindet. Journalisten können nach wie vor nicht frei aus Syrien berichten. Wegen der anhaltenden Kämpfe hat auch die Beobachtergruppe der Arabischen Liga ihre Arbeit ausgesetzt.

Arabische Liga ernennt Sondergesandten

Der Leiter der Beobachtermission, der sudanesische General Mohammed Ahmed al-Dabi, hat am Sonntag unmittelbar vor einem Treffen der Arabischen Liga in Kairo seinen Rücktritt erklärt. Als Leiter der Mission, deren Ziel es war, die Gewalt in Syrien zu beenden, hatte al-Dabi immer wieder die Kritik der Opposition auf sich gezogen. Bereits seine Ernennung zum Delegationsleiter am 20. Dezember hatte die Regime-Gegner verärgert. Denn Al-Dabi gilt als Vertrauter des sudanesischen Präsidenten Omar al-Baschir, gegen den es wegen Kriegsverbrechen in Darfur ein internationale Haftbefehl vorliegt.

Nach dem Scheitern ihres Beobachtereinsatzes in Syrien strebt die Arabische Liga nun eine gemeinsame Friedensmission mit den Vereinten Nationen an. Zudem sollen die diplomatischen Beziehungen zum Assad-Regime abgebrochen und die bestehenden Sanktionen – unter anderem Reiseverbote und Kontosperrungen – konsequent durchgesetzt werden. Der Generalsekretär der Arabischen Liga, Nabil al-Arabi, ernannte den ehemaligen jordanischen Außenminister Abdul Illah al-Chatib zum Syrien-Beauftragen der Arabischen Liga.

Anerkennung des Syrischen Nationalrats?

Die arabischen Staaten denken offenbar auch über die Anerkennung des oppositionellen Syrischen Nationalrats als einzige legitime Vertretung Syriens nach. Der Nationalrat ist ein Oppositionsbündnis gegen die Regierung von Baschar al-Assad. Er wurde während der Proteste 2011 in Syrien gegründet und hat seinen Sitz in Istanbul. Inwiefern er die syrische Bevölkerung repräsentiert, ist umstritten. Bislang hat lediglich die libysche Übergangsregierung den Syrischen Nationalrat offiziell anerkannt.

Weiterhin wurde in Kairo über ein Dokument diskutiert, das Saudi-Arabien der UN-Vollversammlung vorlegen will. Dem US-amerikanischen Nachrichtensender CNN zufolge wird in dem dreiseitigen Papier die Verletzung von Menschenrechten durch das syrische Regime scharf verurteilt. Die Vollversammlung kann zwar offiziell Verurteilungen aussprechen; diese haben aber rein appellativen Charakter. Gemeinsam mit China hatte Russland vor einer Woche eine ohnehin abgeschwächte Syrien-Resolution im Weltsicherheitsrat scheitern lassen.

Al-Kaida ruft zur Rebellion auf

Während die arabischen Staaten versuchen, den Druck auf das syrische Regime zu erhöhen, hat sich auch die Terrororganisation al-Kaida zu Wort gemeldet. Über eine Videobotschaft rief Aiman al-Sawahiri, der Führer des Netzwerks, die Muslime in der ganzen Welt zur Unterstützung der Rebellen in Syrien auf. Gleichzeitig ermahnte er die Syrer, sich nicht auf die Arabische Liga, die Türkei oder den Westen zu verlassen. Al-Sawahiri forderte sie auf, den Kampf gegen das Regime von Baschar al-Assad fortzusetzen und in Syrien einen islamischen Staat aufzubauen.

Dagegen hatte der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad, ein wichtiger Verbündeter Assads, die arabischen Länder bereits am Samstag vor Hilfszahlungen an die syrische Opposition gewarnt. Länder in der Region, die noch niemals faire Wahlen ausgetragen hätten, versuchten mithilfe der USA, ein "Rezept für Freiheit und Wahlen für andere" zu schreiben, sagte er vor Zehntausenden Anhängern am Jahrestag der Islamischen Revolution in Teheran. Einem Bericht der israelischen Zeitung "Haaretz" zufolge greift der Iran dem bedrängten syrischen Regime finanziell stark unter die Arme. Geheime Dokumente bewiesen, dass Teheran der syrischen Führung mit Handelsaufträgen im Wert von mehr als einer Milliarde Dollar helfen wolle, schrieb die Zeitung am Sonntag.

"Sturz des Regimes ist absehbar"

Um Syrien aus dem iranischen Einflussbereich herauszulösen und die Gewalt im Land zu beenden, wird Tunesien nach Angaben arabischer Minister am 24. Februar eine internationale Konferenz abhalten. Auf dem Treffen der "Freunde Syriens" solle nach Wegen zur Beendigung der Gewalt gesucht werden. Dem tunesischen Außenminister Rafik Ben Adessalam zufolge werden an dem Treffen arabische Staaten und andere Länder teilnehmen. Damaskus hat seine diplomatischen Beziehungen zu Tunesien und Libyen bereits abgebrochen und deren Botschafter aus Syrien ausgewiesen, weil Tunis und Tripolis offen Partei für die Opposition ergriffen haben.

Volker Perthes, Direktor der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin, hält die Unterstützung der Opposition mit Blick auf die zukünftige Entwicklung in Syrien für wichtig. "Es geht darum, dem Regime selbst klar zu machen, dass das Ende des Weges bald erreicht ist, dass es kein Zurück gibt zur Normalität vor dem Beginn des Aufstands und seiner Niederschlagung", sagt er im DW-Interview. "Da helfen die Sanktionen, da hilft die diplomatische Isolierung, da hilft aber die konkrete Hilfe für die Opposition in der Vorbereitung auf die Tage nach dem absehbaren Sturz des Regimes."

Autorin: Anne Allmeling
Redaktion: Andreas Noll

Leichen von Rebellen in Homs (Foto: DPA)
In der Rebellenhochburg Homs werden fast täglich Menschen getötetBild: picture-alliance/dpa
Syriens Staatschef Baschar al-Assad und Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad (Foto: AP)
Enge Verbündete: Syriens Staatschef al-Assad (links) und Irans Präsident AhmadinedschadBild: AP
Abdul Illah al-Chatib, Syrien-Beauftragter der Arabischen Liga (Foto: AP)
Syrien-Beauftragter der Arabischen Liga: der Jordanier Abdul Illah al-ChatibBild: AP
Leerer Stuhl des syrischen Delegierten bei der Arabischen Liga(Foto: DAPD)
An den Treffen der Arabischen Liga dürfen die Vertreter Syriens nicht mehr teilnehmenBild: dapd
Zerstörtes Gebäude in Aleppo (Foto: Reuters/Sana)
Anschlag in Aleppo: das Terrornetzwerk al-Kaida gilt als möglicher DrahtzieherBild: Reuters