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Analphabetismus – ein globales Problem

Katrin Ogunsade4. Juli 2003

"Alphabetisierung ist ein Menschenrecht", daran erinnerte UN-Generalsekretär Kofi Annan vor kurzem in New York. Nach Schätzungen der Vereinten Nationen (UN) gibt es derzeit weltweit über 860 Millionen Analphabeten.

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Analphabetismus betrifft nicht nur die EntwicklungsländerBild: AP

Bildung ist in vielen Ländern immer noch ein Privileg. Für mehr als 100 Millionen Kinder bleibt das Recht auf Bildung ein gänzlich unerfüllter Traum. Die meisten unter ihnen sind Mädchen. Weitere 150 Millionen Kinder brechen ihre Schulbildung vorzeitig ab. Der größte Teil der jugendlichen und erwachsenen Analphabeten lebt in den ärmsten und bevölkerungsreichsten Ländern dieser Erde. Süd- und Ostasien, die arabischen Staaten sowie Afrika südlich der Sahara zählen zu den am stärksten betroffenen Regionen. Dort bremsen Analphabetismus und mangelnde Grundbildung die Entwicklung.

Bildung als gesellschaftliche Angelegenheit

Viele Staaten bieten den Menschen nur unzureichende Chancen auf Bildung, erklärt der Direktor des UNESCO-Instituts für Pädagogik, Adama Ouane: "Oft neigen wir dazu, Lesen und Schreiben als individuelle Fähigkeiten zu betrachten. Bildung ist in der Tat aber eine gesellschaftliche Angelegenheit. Wenn die Gesellschaft nicht die Voraussetzungen schafft, kann auch das Individuum nicht gebildet sein. Die Frage ist also: Wie kreieren wir eine gebildete Gesellschaft? Eine Umgebung, die dazu motiviert, wenn nicht sogar dazu zwingt, Lesen, Schreiben und andere Formen der Kommunikation zu erlernen?"

Diese Frage wurde auch auf dem Weltbildungsforum 2000 in der senegalesischen Hauptstadt Dakar diskutiert. Dort setzte man ehrgeizige Ziele: Unter anderem soll bis zum Jahr 2015 die Zahl der Analphabeten um die Hälfte reduziert werden. Alle Kinder sollen kostenlos die Grundschule besuchen können. Auch wenn seit den 1970er Jahren die Analphabetenrate weltweit um mehr als 15 Prozent zurückgegangen ist, besteht kein Grund zu vorschnellem Optimismus: Dem UNESCO-Bildungsbericht 2002 zufolge werden 70 Staaten die Dakar-Ziele nicht erreichen. Dazu zählen Bangladesch, Indien, Pakistan und China, vier der bevölkerungsreichsten Länder der Erde.

Bildung - nur ein Traum

Besonders kritisch ist dem Bericht zufolge auch die Lage in Afrika: In vielen Ländern südlich der Sahara wirken sich die Folgen der Immunschwächekrankheit AIDS verheerend auf das Bildungswesen aus. Lehrer können nicht mehr unterrichten, weil sie erkranken oder sterben. Wenn die Eltern krank werden, müssen viele Kinder für den Lebensunterhalt der Familien sorgen. Für die Schule bleibt dann keine Zeit mehr.

Aber auch außerhalb von Entwicklungsländern ist Analphabetismus ein ernstzunehmendes Problem, meint Jürgen Genuneit vom Bundesverband Alphabetisierung in Deutschland: "Analphabetismus ist ein weltweites Problem. Aber es ist nicht nur ein Problem von Entwicklungsländern, sondern auch von Industrieländern. Am deutlichsten ist dieses Problem in den Vereinigten Staaten. Einer von fünf Amerikanern kann das Wort 'Amerika' nicht lesen." In Deutschland gibt es schätzungsweise vier Millionen Analphabeten. Das sind 6,3 Prozent der erwachsenen Bevölkerung über 15 Jahre - jeder Sechzehnte.

Wenn die Bemühungen nicht verstärkt werden, wird es im Jahr 2015 weltweit immer noch etwa 800 Millionen Analphabeten geben, so schätzt die UNESCO. Im Zeitraum 1990 bis 2001 ist die internationale Bildungshilfe der Geberländer um 16 Prozent gesunken. Diesem Trend will die UNESCO mit einem für die Weltalphabetisierungsdekade (2003 bis 2012) ausgearbeiteten Internationalen Aktionsplan entgegenwirken. Die Staaten sollen dazu aufgerufen werden, die Verwirklichung der Dakar-Ziele aktiv anzugehen. Damit das Recht auf Bildung nicht länger für so viele Menschen ein unerfüllter Traum bleiben muss.