1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Amnesty prangert weltweite Folter an

Bettina Marx13. Mai 2014

Schläge, Tritte, Elektroschocks – es gibt viele Foltermethoden. Sie kommen weltweit zum Einsatz. Amnesty International prangert die Folter in 141 Ländern an und fordert einen wirksamen Kampf gegen ihre Anwendung.

https://p.dw.com/p/1ByWF
Irak - Gefängnis Abu Ghraib Foto: Getty Images
Bild: Getty Images

Mit einer Anti-Folter-Kampagne will die Menschenrechtsorganisation auf die weit verbreitete Anwendung von Gewalt und Misshandlung in Gefängnissen aufmerksam machen. In 141 untersuchten Ländern werde gefoltert, sagte die Generalsekretärin der deutschen Sektion von Amnesty International, Selmin Caliskan. 30 Jahre nach der Verabschiedung der Antifolterkonvention der Vereinten Nationen, der sich 155 Länder angeschlossen haben, bestehe ein Schutz vor Folter in vielen Ländern nur auf dem Papier. "Viele Länder verwenden mehr Energie darauf, Folter zu vertuschen, statt sie zu bekämpfen."

In manchen Ländern, wie Nordkorea, Syrien und Usbekistan, werde systematisch gefoltert, um die Opposition auszuschalten oder einzuschüchtern. In anderen Ländern werde die Folter eingesetzt, um eine tatsächliche oder vermeintliche Bedrohung durch Terroristen zu bekämpfen. "Hier haben die USA mit ihrem Krieg gegen den Terror, mit der Einrichtung von Guantanamo und von CIA-Geheimgefängnissen, in denen gefoltert wurde, viel zur Legitimierung der Folter beigetragen, weil sie ganz klar und ganz selbstbewusst gegen das Folterverbot verstoßen haben", so Caliskan. Auch Fernsehserien und Filme, in denen gefoltert werde, machten die Folter salonfähig, denn sie vermittelten das Gefühl, man könne mit Misshandlungen Geständnisse erpressen, die die Sicherheit erhöhten. Dies sei aber ein Trugschluss. Menschen, die gefoltert würden, seien bereit, alles zuzugeben, um der Qual ein Ende zu bereiten. Verwertbare Geständnisse kämen dabei nicht heraus.

AI-Generalsekretärin Selmin Caliskan Foto: DPA
AI-Generalsekretärin Selmin CaliskanBild: picture-alliance/dpa

Die meisten Opfer sind Arme

Folter wird nach Erkenntnissen von Amnesty International aber nicht nur zur Unterdrückung von Opposition oder zur Verfolgung von Terroristen eingesetzt. Meistens trifft sie arme, diskriminierte und ausgegrenzte Menschen. "Die Opfer sind arme Menschen, denen kriminelle Delikte vorgeworfen werden. In vielen Fällen ist das Erpressen von Geständnissen ein einfacher Weg, um schnelle Ermittlungsergebnisse vorzulegen", so die AI-Generalsekretärin. Diese Fälle blieben "unter dem Radar". Sie würden in der internationalen Öffentlichkeit kaum wahrgenommen. Die Taten würden nicht zur Anzeige gebracht und nicht verfolgt. Die meisten Folterer blieben straffrei. Oft gehe es bei den Folterungen darum, den Angehörigen der Opfer Geld abzupressen. Manchmal spiele auch Sadismus eine Rolle. Auf den Philippinen sei ein Gefängnis bekannt geworden, in dem die Wärter die Gefangenen willkürlich und zu ihrem eigenen Vergnügen quälten.

Russland

Zu den Ländern, in denen Amnesty Folterfälle nachgewiesen hat, gehört auch Russland. Dies treffe vor allem auf den Nordkaukasus zu, erklärte Imke Dierßen, bei der Menschenrechtsorganisation zuständig für die einzelnen Länder. Dort habe Amnesty schon seit Jahrzehnten erartige menschenrechtsverletzungen dokumentiert. Geständnisse, die durch Folter erpresst wurden, würden dort von den Gerichten zugelassen und as Beweismittel anerkannt, obwohl dies klar gegen internationales Recht verstoße. Auch in anderen Regionen des Landes sei die Folter weit verbreitet. Dort treffe es vor allem Menschen, denen man "normale" Straftaten vorwerfe, wie Diebstahl oder Mord. Auch sie würden gefoltert, um Geständnisse zu erpressen, die dann in den Verfahren gegen sie verwendet würden.

Kampf gegen Folter

Die beste Vorbeugung gegen Folter ist nach Überzeugung der Menschenrechtsaktivisten Transparenz. Amnesty fordert daher, dass Verhöre auf Video aufgezeichnet werden, dass Häftlinge Zugang zu Anwälten und Ärzten bekommen und unabhängige Stellen jederzeit und unangemeldet die Gefängnisse aufsuchen und kontrollieren können.

In Deutschland gibt es dafür die "Nationale Stelle zur Verhütung von Folter" in Wiesbaden, die sich um rund 300 Haftanstalten des Bundes kümmert und die Länderkommission, die für die 13.000 Einrichtungen in den Bundesländern zuständig ist. Beide Institutionen seien jedoch hoffnungslos unterbesetzt und unterfinanziert, kritisiert Amnesty. So hätten die Mitarbeiter im letzten Jahr nur 36 Besuche in Haftanstalten machen können. Das sei viel zu wenig, um eine wirksame Kontrolle ausüben zu können, unterstrich Generalsekretärin Caliskan. In Deutschland werde zwar nicht gefoltert. Aber es komme zu Misshandlungen durch die Polizei, die aufgeklärt werden müssten.

Weltweite Umfrage unter 21.000 Menschen

Zum Start seiner Anti-Folter-Kampagne hat Amnesty International auch eine Untersuchung über die Haltung zur Folter in 21 Ländern in Auftrag gegeben, darunter auch Deutschland. 21.000 Menschen wurden befragt. 44 Prozent von ihnen befürchten, selbst Opfer von Folterung zu werden, sollten sie verhaftet werden. 82 Prozent halten klare Gesetze und Regelungen zur Bekämpfung der Folter für notwendig. Aber 36 Prozent sind der Meinung, dass Folter manchmal notwendig und akzeptabel ist, um Informationen zu erhalten, die für die öffentliche Sicherheit wichtig sind. In Deutschland vertreten nur 19 Prozent diese Meinung. 78 Prozent lehnen Folter in jedem Fall ab.