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Amnesty International

10. Dezember 2011

Für Amnesty International ist der arabische Frühling eine Ermutigung im Kampf für die Menschenrechte. Kritisch sieht die Organisation die deutschen Waffenexporte: Berlin müsse hier ein strengeres Gesetz verabschieden.

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Ein Demonstrant in Syrien stellt sich einem Wasserwerfer entgegen. Bild aus einem Video, das über Youtube verbreitet wurde (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa
Ruth Jüttner, Wolfgang Grenz und Ferdinand Muggenthaler von ai (v.l.n.r.) (Foto: DW)
Amnesty International: "Ergebnis der Umwälzungen noch nicht abzusehen"Bild: DW

Fast ein Jahr nach Beginn der Proteste und Aufstände in der arabischen Welt zieht die Menschenrechtsorganisation Amnesty International eine gemischte Bilanz. Das Ergebnis der Umwälzungen sei noch längst nicht abzusehen, sagte der Generalsekretär der deutschen Sektion, Wolfgang Grenz, in Berlin anlässlich des Internationalen Tages der Menschenrechte. Die Entwicklungen seien in den einzelnen Ländern höchst unterschiedlich verlaufen.

So seien in Tunesien große Fortschritte zu beobachten, in Syrien dagegen begehe die Regierung Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Amnesty habe den Tod von 3300 Zivilisten in Syrien dokumentiert, darunter 200 Kinder. Die Dunkelziffer der Opfer sei aber vermutlich viel höher. In den Gefängnissen werde gefoltert und Ärzte, die verletzten Demonstranten helfen wollten, würden bedroht. Die Menschenrechtsorganisation fordert den UN-Sicherheitsrat daher auf, den Internationalen Strafgerichtshof mit Ermittlungen gegen Präsident Assad und seine Regierung zu beauftragen.

Undurchsichtige Lage im Jemen

Die Expertin von ai für Nordafrika, den Nahen und Mittleren Osten, Ruth Jüttner (Foto: DW)
Ruth Jüttner, Nahostexpertin von aiBild: DW

Nach wie vor undurchsichtig sei die Lage im Jemen, erklärt die Nahostexpertin von Amnesty, Ruth Jüttner. Dort hatte sich Präsident Ali Abdullah Saleh bereit erklärt, einem Kompromissvorschlag des Golfkooperationsrats zuzustimmen und sein Amt im kommenden Februar zu räumen. Dabei ist ihm, seiner Familie und seinem Führungskreis offenbar Straffreiheit zugesichert worden. "Wir halten dies für einen großen Fehler", erklärt Jüttner. Die Erfahrung aus anderen Ländern zeige, dass die Auseinandersetzung mit dem schweren Erbe der Autokraten eine wichtige Voraussetzung für die Aussöhnung sei. Nur dadurch werde der Weg geebnet für den Aufbau demokratischer Staaten, in denen die Menschenrechte geachtet würden.

Friedensnobelpreisträgerin Tawakkul Karman aus dem Jemen (Foto: DW)
Friedensnobelpreisträgerin Tawakkul KarmanBild: DW

Auch bei der jemenitischen Opposition stößt das Abkommen, mit dem die blutigen Auseinandersetzungen im Jemen beendet werden sollen, auf erbitterten Widerspruch. Die jemenitische Friedensnobelpreisträgerin Tawakkul Karman fordert, Saleh vor den Internationalen Gerichtshof in Den Haag zu stellen. Bei einem Besuch in Berlin rief die Aktivistin die Bundesregierung auf, die Konten der jemenitischen Führung in Deutschland einzufrieren. Nach Einschätzung von Transparency International habe Saleh mindestens drei Milliarden Euro nach Deutschland geschmuggelt, sagte Karman. Dieses Geld gehöre dem jemenitischen Volk und müsse zurückgegeben werden.

Waffenlieferungen an Saudi-Arabien

Auch Amnesty International entlässt Deutschland nicht aus der Verantwortung. Die Bundesregierung sei in der Vergangenheit weit entfernt gewesen von einer glaubwürdigen Menschenrechtspolitik gerade gegenüber den arabischen Staaten, so die Kritik von Generalsekretär Grenz. So habe Deutschland jahrelang Waffen an autoritäre Regime in der Region geliefert und im Rahmen des Kampfes gegen den Terror Verdächtige an Syrien und Ägypten ausgeliefert in dem Wissen, dass ihnen dort Folter und unfaire Verfahren drohten. Erst spät habe die Bundesregierung die Protestbewegung in der arabischen Welt begrüßt. An ihrer Politik habe dies jedoch nichts geändert. Offenbar plane sie sogar weitere Panzerlieferungen an Saudi-Arabien. Dabei sei bekannt, dass bei der Niederschlagung des Aufstands im Inselstaat Bahrain auch saudische Panzer zum Einsatz gekommen seien. Die Forderung von Amnesty lautet daher: ein Rüstungsexportgesetz, das die Einhaltung der Menschenrechte zur Bedingung für Waffenlieferungen macht.

Ermutigung und Verpflichtung

ai-Generalsekretär Wolfgang Grenz bei einer Pressekonferenz in Berlin (Foto: dpa)
Wolfgang GrenzBild: picture-alliance/dpa

So zwiespältig die Bilanz des arabischen Frühlings auch ausfällt, für die Menschenrechtsaktivisten von Amnesty International ist die Protestbewegung in der arabischen Welt Ermutigung und Verpflichtung zugleich. Man fühle sich ermutigt, weil die Forderung nach Achtung der Menschenrechte von einer breiten Bewegung auf die Straße getragen worden sei, so Generalsekretär Grenz. Und man stehe weiter an der Seite derer, die um ihre Rechte kämpften.

Autorin: Bettina Marx
Redaktion: Nina Werkhäuser