Alternativer Nobelpreis für Arbeit mit traumatisierten Frauen
2. Oktober 2008Monika Hauser ist eine engagierte Frauenärztin. Sie stellt sich auf die Seite der Frauen in einem - wie sie es beschreibt - patriarchal geprägten Gesundheitssystem. Patientinnen erfahren ignorante und unsensible Verhaltensweisen, das erlebt sie auch bei ihrer Arbeit in einem Krankenhaus. Als sie 1992 über die Medien von den Massenvergewaltigungen während des Balkankriegs erfährt, packt die damals 33jährige ihre Koffer und reist ohne jede Absicherung nach Bosnien, um zu helfen.
Tabu-Thema Vergewaltigung
Dort gründet sie sie mit anderen Aktivistinnen das Frauentherapiezentrum Zenica in Bosnien, beschafft private Spenden, sucht und findet öffentliche Geldgeber und spricht öffentlich darüber. Denn Vergewaltigung in Kriegs- und Krisensituationen ist in Bosnien, wie nahezu überall, ein Tabuthema. Ohnehin schon traumatisiert, werden die Frauen zudem noch sozial und wirtschaftlich ausgegrenzt. Da setzt das Betreuungskonzept ein, dass Monika Hauser entwickelt hat: „Uns ist ganz wichtig, die Frauen ganzheitlich zu begleiten, das heißt gynäkologisch, psychisch-sozial und juristisch, und das alles im Blick zu haben, denn Frauen haben eben alle diese Arten von Problemen“, erklärt Frau Hauser. Das Engagement wird zusätzlich flankiert durch Einkommen schaffende Maßnahmen, um den betroffenen Frauen eine weitere Lebensperspektive aufzuzeigen.
Erfolg vor dem Kriegsverbrechertribunal
Dass dazu auch die Verfolgung und Bestrafung der Täter notwendig ist, war Monika Hauser schnell klar. International vernetzt und durch die inzwischen in Köln geschaffene Schaltzentrale des Vereins medica mondiale unterstützt, arbeitet sie für die Verurteilung der Täter, wohl wissend, wie schwer es für die Opfer sein wird, vor Gericht auszusagen: „Daher haben wir uns für spezifische Verfahrensregelen eingesetzt, dafür, dass es in diesen internationalen Gerichten spezifische Verfahrensregeln geben muss, die eben auch der Traumatisierung der Frauen gerecht werden muss." Im so genannten Foca-Prozess vor dem Internationalen Kriegsverbrechertribunal ICTY in Den Haag werden die Vergewaltigungen während des Balkankriegs dann auch erstmals als schwere Kriegsverbrechen abgeurteilt.
Nobelpreis als Ansporn und Unterstützung
Zu Hause unterstützt von ihrem Ehemann Klaus Peter, der hauptamtlich das gemeinsame Kind betreut, hat Monika Hauser inzwischen in vielen Kriegs- und Krisengebieten vergleichbare Frauenprojekte initiiert oder durch finanzielle und logistische Arbeit unterstützt. Sexualisierte Kriegsgewalt ist eine schwere Menschenrechtsverletzung, sagt Monika Hauser. Sie zu verhindern und die Täter zu verfolgen, bleibt ihr Anliegen. Die Auszeichnung mit dem Alternativen Nobelpreis sieht sie nicht nur als Anerkennung ihrer Arbeit, sondern auch als Unterstützung. „Durch diese Anerkennung werden Gesprächspartner in aller Welt gezwungen sein, sich mit unseren Anliegen auseinanderzusetzen und mit uns zu sprechen“, hofft die engagierte Ärztin.
Ulrike Mast-Kirschning