Aleppo versinkt im Bombenhagel
26. September 2016Erneut haben Kampfjets zahlreiche Angriffe auf Rebellengebiete der umkämpften syrischen Metropole Aleppo geflogen. Mindestens zwei Zivilisten seien getötet worden, meldete die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte. Einwohner aus Aleppos Rebellengebieten berichteten über eine größere Zahl von Opfern. Nach Angaben der Organisation der Weißhelme gibt es in den überfüllten Krankenhäusern der Stadt nur noch Platz auf dem Boden. Kinderschreie hallten durch die blutverschmierten Flure, in denen überall Verwundete lägen, sagte Ibrahim al-Hadsch, ein Rettungshelfer der Weißhelme. "Der Geruch von Blut und Tod ist überall."
UN-Vermittler berichtet von Brandbomben
Kampfjets hatten in den vergangenen Tagen die bislang schwersten Angriffe auf Aleppos Rebellengebiete geflogen. In der Stadt und ihrem Umland wurden mehr als 230 Zivilisten getötet. Aleppo gehört zu den umkämpftesten Gebieten des Krieges in Syrien. Anhänger der Regierung beherrschen den Westen der Stadt, Rebellen den Osten. Dieser Teil Aleppos ist seit Wochen von der Außenwelt abgeschnitten.
Der UN-Sonderbeauftragte für den Syrienkonflikt, Staffan de Mistura, schilderte in bewegenden Worten die Lage in dem von ständigen Luftangriffen heimgesuchten Ostteil. "Wir haben Berichte, Videos und Bilder von gemeldeten Brandbombeneinsätzen gesehen, die so gewaltige Feuerbälle erzeugen, dass sie die pechschwarze Dunkelheit in Ost-Aleppo erleuchten, als ob es Tag wäre", hieß es in dem Bericht von de Mistura an den UN-Sicherheitsrat in New York.
Die genaue Anzahl der Luftangriffe könne man nicht ermitteln, schreibt er weiter. "Wir hörten die Worte 'nie da gewesen', sowohl bei der Anzahl als auch dem Umfang und Typ der Bombenangriffe", so der Vermittler. Von bunkerbrechenden Bomben sei die Rede, es gebe Bilder von Erdkratern, die viel größer als bei früheren Bombenangriffen seien. "Zivilisten überall in der Stadt müssen sich fragen, wo auf Erden sie in dieser gequälten Stadt noch sicher sein können."
Heftige Kritik an Russland
Trotz andauernder Gewalt hält Russland die Friedensbemühungen für Syrien vorerst nicht für gescheitert. Die USA erweckten jedoch den Eindruck, dass sie ihren Verpflichtungen nicht gerecht werden, kritisierte Außenminister Sergej Lawrow in Moskau. "Ich kann ihnen nicht zu 100 Prozent trauen", sagte er dem Sender NTW.
Westliche Regierungen und Russland hatten sich gegenseitig für die Eskalation der Gewalt verantwortlich gemacht. Am Sonntag war der UN-Sicherheitsrat zu einer Dringlichkeitssitzung zu Syrien zusammengekommen. Dabei warfen die USA Russland vor, in Syrien ein "mörderisches Regime" zu unterstützen. Russland betreibe in Aleppo "keinen Anti-Terror-Kampf, sondern Barbarei". Russland wies die Kritik empört zurück. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow sprach von einem "inakzeptablen Ton", der den Beziehungen Londons und Washingtons zu Russland schaden könne.
Der Sprecher der Bundesregierung, Steffen Seibert, sagte, Deutschland erwarte von Russland mit Blick auf eine Einstellung der Kampfhandlungen endlich Bewegung. "Worte allein helfen den Menschen in Aleppo nicht", erklärte er in Berlin. Moskau sei angesichts seiner substanziellen militärischen Unterstützung für Damaskus in der Verantwortung. Das "barbarische Vorgehen" des Regimes stelle eine eklatante Verletzung des Völkerrechts dar, sagte Seibert.
cr/SC (dpa, afp, epd)