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Albanien Reformen

20. November 2008

Albanien hat ein neues Wahlgesetz. Die kleinen Oppositionsparteien sind gegen die Reformen, weil sie um ihren Einzug ins Parlament fürchten. Aus Protest traten sie gar in den Hungerstreik.

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Parlament in TiranaBild: AP

Das albanische Parlament hat ein neues Wahlgesetz verabschiedet, mit dem der Einfluss der kleinen Parteien deutlich verringert werden soll. Da sich die zwei großen Volksparteien – die Demokratische Partei und die oppositionelle Sozialistische Partei – über die Wahlreform geeinigt hatten, konnten sie 112 der 140 Parlamentsabgeordneten für die Wahlreform gewinnen. Vier Abgeordnete der mehrheitlich ethnisch griechischen Partei für den Schutz der Menschenrechte enthielten sich der Stimme. 23 Abgeordnete kleinerer Parteien blieben der Abstimmung fern. Sie waren zuvor in einen siebentägigen Hungerstreik vor dem Parlament getreten, in der Hoffnung, durch internationale Einflussnahme doch noch das Gesetz kippen zu können.

Die alte albanische Wahlordnung war ein gemischtes System, bestehend aus 100 Direktmandaten und einem personalisierten Verhältniswahlrecht mit nationalen Listen, das 40 Abgeordnete bestimmt. Es wird nun durch ein reines Verhältniswahlrecht ersetzt, in dem die 12 Bezirke des Landes jeweils eine bestimmte Anzahl von Abgeordneten entsenden, gestaffelt nach ihrer Bevölkerungszahl.

Weniger Einfluss der kleinen Parteien

Der Protest der kleineren Parteien entzündet sich daran, dass in bevölkerungsschwachen Bezirken zum Teil über zehn Prozent der Wählerstimmen notwendig sind, um in das Parlament zu kommen. Somit haben die kleineren Parteien nur noch in Ballungszentren wie Tirana eine Chance, ins Parlament einzuziehen. Hinzu kommt, dass die kleinen Parteien durch das bisherige Wahlsystem bevorzugt wurden, indem einerseits Vorabsprachen zwischen Parteien über Direktkandidaten beliebt waren, andererseits Überhangmandate dem Mandatskontingent anderer Parteien abgezogen wurden und kleinere Parteien damit zusätzliche Sitze bekommen konnten. Im derzeitigen Parlament sind daher zurzeit zwölf Parteien und ein unabhängiger Kandidat vertreten. Insgesamt rechnen Beobachter jetzt damit, dass der Einfluss kleiner Parteien abnimmt.

Rasche euroatlantische Integration erhofft

Zwischen den großen Volksparteien herrscht jedoch Einigkeit, dass die politische Lage nun stabiler wird. Kastriot Islami, Fraktionsvorsitzender der Sozialisten, hofft, dass Albanien durch die Reform nach den nächsten Wahlen integrationsfähiger wird: „Das Wahlsystem ist eine Errungenschaft, die Albanien in den nächsten zwei Legislaturperioden in die NATO und auch in die EU bringen wird.“ Der Vorsitzende der parlamentarischen Kommission zur Reform des Wahlsystems und Abgeordnete der Demokratischen Partei, Ilir Rusmajli, drückte zwar Verständnis für den Ärger der kleineren Parteien aus, fügte aber hinzu, „auch wenn ich Sympathie mit politischen Bewegungen anderer Natur habe und die Menschen für ihre Entschlossenheit bewundere, auch wenn ich ihre Ziele nicht teile, so darf doch ein Wahlgesetz nicht Grund für physische Opfer wie beispielsweise ein Hungerstreik sein.“

Ilir Meta, ein Wortführer des Protests und Vorsitzender einer Splitterpartei der Sozialisten, bezeichnete das Wahlgesetz hingegen als einen „Komplott“ und fügte hinzu: „Wir werden eine sehr breite Gegenbewegung aufbauen, um die freien Wahlen zu verteidigen.“

Allerdings konnte die Protestbewegung die von ihnen erwünschte Mobilisierung unter den Vertretern der internationalen Institutionen und Botschaften in Tirana nicht erreichen. Sowohl die US-Botschaft als auch die OSZE stellten sich hinter den Beschluss des Parlaments und riefen alle Parteien dazu auf, für die künftigen Wahlen das neue Wahlrecht zu akzeptieren.

Fabian Schmidt