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Spätes Fest

Henrik Böhme15. Oktober 2007

Der europäische Flugzeugbauer Airbus hat am Montag (15.10.) in Toulouse den ersten Riesen-Airbus A380 ausgeliefert - nach zweijähriger Verzögerung. Ein Kommentar von Henrik Böhme.

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Themenbild Kommentar
Bild: DW

Es sollte ein Fest nur für die Airbus-Mitarbeiter sein – Politiker waren gar nicht eingeladen worden nach Toulouse. Und in der Tat: Die Übergabe des ersten Super-Airbus an eine Fluggesellschaft ist vor allem ein Grund zum Feiern für die Mitarbeiter– und nicht für Sonntagsreden von Politikern. Denn die Entwicklung eines neuen Flugzeug-Typs ist eine riesige industrielle Leistung – und wer da immer nur mit einem Zeitplan winkt, liegt schlicht falsch. Der A380 ist zuallererst eine grandiose Leistung europäischer Ingenieurskunst.

Natürlich waren da die Probleme mit dem Kabelsalat, und die vielen Computerprogramme, die nicht miteinander kommunizieren konnten. Viel schlimmer aber noch waren die ständigen politischen Querelen – denn Airbus ist schließlich kein normaler Konzern. Wer da auf welchem Posten sitzt, das wird vor allem von den Regierungen in Berlin und Paris entschieden – und wehe, das Gleichgewicht stimmt nicht. Es war schon ein quälender Prozess, die so genannte Doppelspitze abzuschaffen: Zwei Mann an der Spitze des Mutterkonzerns EADS, zwei Mann an der Spitze der Flugzeugtochter Airbus. Ständige Animositäten waren die Folge – und die allzu oft wechselnde Besetzung auf den Chefsesseln hätte für den visionären Plan vom Super-Airbus beinahe das Aus bedeutet.

Aber das zumindest ist nun vom Tisch. Im Juli hat die Politik endlich begonnen, die Weichen zu stellen, damit EADS und mit ihm Airbus so etwas wie normale Unternehmen werden können. Man konnte damit beginnen, Werke zu verkaufen – ohne nun gleich in den betroffenen Ländern auf wütende Politiker zu treffen. Man konnte damit beginnen, Airbus auf Effizienz zu trimmen – und damit wettbewerbsfähiger zu machen. Denn die Konkurrenz in Amerika schläft nicht. Boeing war vor zehn Jahren in einer ähnlichen Krise wie heute Airbus – und hat durch eine konsequente Umstrukturierung der Produktionsabläufe eine Art Wiedergeburt erlebt. Allerdings ist man auch in Seattle nicht vor Problemen gefeit. Der neue Superflieger, der im Sommer aus der Halle rollte, war nur eine leere Hülle. Erst letzte Woche mussten die Amerikaner Verzögerungen bei ihrem so genannten Dreamliner einräumen. Und die Probleme kamen einem irgendwie bekannt vor. Kabelsalat und nicht kommunizierende Computerprogramme. Für Schadenfreude besteht also kein Anlass, weder diesseits noch jenseits des Atlantiks.

Die Feierstimmung bei Airbus wird allerdings getrübt. Einige Manager sollen ihr Wissen über die Verzögerungen für Aktiengeschäfte zum eigenen Vorteil genutzt haben. Hier muss schnellstens Klarheit her, sonst kommt das Unternehmen nicht zur Ruhe. Und die wirkliche Bewährungsprobe steht den Mitarbeitern noch bevor: Die Serienfertigung des Riesenfliegers – sie wird der eigentliche Kraftakt. Daher ist die Feier von heute zwar ein Meilenstein. Die wahren Hürden aber lauern in den kommenden Monaten.