Airbus-Deal empört USA
5. März 2008Der Sekt war bereits kalt gestellt. Erste Glückwunschkarten für den Großauftrag wurden in Empfang genommen. Es schien eigentlich nur noch eine Formalie zu sein. Die Feierlichkeiten bei Boeing für das Geschäft mit der Air Force waren fest gebucht. Doch jetzt kommt alles anders. Völlig überraschend hat am Freitag (29.2.2008) nicht der bisherige Lieferant Boeing, sondern Airbus, die Flugzeug-Tochter des europäischen Luft- und Raumfahrt-Konzerns EADS gemeinsam mit dem Rüstungskonzern Northrop Grumman den Zuschlag für den 35-Milliarden US-Dollar schweren Auftrag erhalten. Mit Folgeaufträgen könnte die Lieferung der Tankerflugzeuge an die US Air Force sogar bis auf 100 Milliarden Dollar anschwellen. Das habe niemand erwartet, sagt Owen Cote, Branchenkenner vom Massachusetts Institute of Technology (MIT): "Es war ein Schock, dass der Auftrag an Airbus ging. Vor allem auch für die Politik, für die Kongressabgeordneten in Washington."
Zehntausende Arbeitsplätze gefährdet
Es sei überhaupt nicht nachvollziehbar, dass so ein Auftrag an ein ausländisches Unternehmen vergeben werde, klagt Paul Shearon von der International Federation of Professional & Technical Engineers: "Es geht um gut bezahlte, hochwertige amerikanische Arbeitsplätze. In diesem Fall kaufen wir mit unseren Steuergeldern subventionierte Produkte. Das ist eine Subvention für die französische Regierung."
Rund 40.000 amerikanische Jobs stehen laut Shearon auf dem Spiel. Diese Arbeitsplätze sind es, die nun Washington auf den Plan ruft. Es tobt Wahlkampf in den USA. Präsidentschaftskandidat Barack Obama war geschockt. Hillary Clinton zeigte sich fassungslos, dass ausgerechnet ein Unternehmen den Zuschlag erhält, dass gleichzeitig von den USA vor der Welthandelsorganisation wegen unzulässiger Staats-Subventionen verklagt wird.
Eine Affäre war schuld
Boeing hat sich die Schlappe jedoch selbst zuzuschreiben. Vor rund sechs Jahren wurde ein Leasing-Auftrag für die Tankerflugzeuge an Boeing vergeben. Doch dann stellte sich heraus, dass die Chefeinkäuferin des Pentagon bereits ein lukratives Jobangebot von Boeing vorliegen hatte. Die Affäre kostete den damaligen Boeing-Chef Phil Condit den Kopf. Zudem gilt das Tank-Modell von Airbus als dem von Boeing überlegen.
Washington könnte nach Meinung des MIT-Experten Owen Cote das Geschäft mit den Europäern noch einmal ins Wanken bringen: "Es besteht die Möglichkeit, dass durch politischen Druck die Entscheidung rückgängig gemacht wird." Gewinnen die Demokraten die Präsidentschaftswahl, würde diese Wahrscheinlichkeit sogar noch etwas erhöht, so Cote. "Ich denke aber, dass im schlimmsten Fall für Airbus die Entscheidung nur verzögert wird - vielleicht um ein Jahr - aber nicht rückgängig gemacht."
Noch sollte EADS also keine Glückwünsche entgegen nehmen. Denn wie das Beispiel Boeing zeigt: Hochmut kommt häufig vor dem Fall.