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Afrikas Kampf gegen Homophobie

Sarah Steffen4. Juli 2015

Mosambik stellt Homosexualität nicht mehr unter Strafe und afrikanische Wissenschaftler räumen auf mit Vorurteilen gegenüber Schwulen. Doch in Ländern wie Nigeria und Uganda schlägt ihnen immer noch der Hass entgegen.

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Protest gegen Diskriminierung Homosexueller in Uganda in Kenia
Bild: picture-alliance/dpa

Andy Mugisha aus Ugandas Hauptstadt Kampala macht deutlich, was er von Homosexuellen und ihren Rechten hält. "Was die gleichgeschlechtliche Ehe für die Welt bedeutet - die rasante Verbreitung von HIV/Aids, unkontrollierbare sexuell übertragbare Krankheiten, das Aussterben der Menschheit, Tod", schreibt er auf Twitter. Die Pride-Parade in New York Ende Juni, deren Teilnehmer die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs feierten, dass Homosexuelle jetzt überall in den USA heiraten dürfen, kommentierte er mit "die Welt feiert die Sünde."

Mit dieser Meinung ist Mugisha nicht allein. "Möge Gott uns helfen! Die echte Heirat gibt es nur zwischen Mann und Frau", schreibt User JoMutebe. Und einflussreiche Schwulengegner wie der ugandische Pastor Martin Ssempa wettern gegen Sex mit dem gleichen Geschlecht - laut Ssempa eine "böse Abartigkeit", durch die keine Kinder geboren werden. "Unsere Stammesältesten zeigen uns den Weg in Bezug auf Heirat und Sex", schreibt er in seinem Blog, "und wir praktizieren keinen Sex unter Männern."

Homosexualität steht in Uganda unter Strafe. Ein Gesetz, das lebenslange Haft für homosexuelle Akte vorsah, wurde im August 2014 wegen Formalitäten annulliert. Bei der entscheidenden Abstimmung im Parlament seien zu wenig Abgeordnete anwesend gewesen.

Felszeichnungen der San Volksgruppe
Homosexualität lässt sich bereits in Zeichnungen der San-Volksgruppe wiederfindenBild: picture alliance/blickwinkel/McPHOTO

Oft wird von afrikanischen Schwulenhassern der Vorwurf erhoben, dass Homosexualität etwas sei, das erst durch die Kolonialisierung auf den afrikanischen Kontinent gekommen sei. Doch das stimmt nicht, sagt die ugandische Wissenschaftlerin Juliet Kiguli, die an der Makerere-Universität in Kampala forscht und gemeinsam mit afrikanischen Kollegen Gerüchte über Homosexualität mit wissenschaftlichen Fakten kontert. Bereits Wandmalereien der San-Volksgruppe im Süden Afrikas während der Steinzeit sollen Szenen gleichgeschlechtlicher Akte gezeigt haben.

"Menschen mit dieser Veranlagung existieren auch auf diesem Kontinent. Und es ist ihr Recht, so zu leben, wie sie wollen", sagte Kiguli im DW-Gespräch. Es gehe niemanden etwas an, was Leute in ihrem Schlafzimmer treiben und wie sie ihr Leben gestalten.

Forscher widerlegen Mythen

Die Wissenschaftler unter Federführung der Academy of Science of South Africa kommen in ihrem Bericht zu dem Schluss, dass es keinerlei Hinweise darauf gebe, dass sexuelle Orientierung auf andere Menschen abfärben könnte, also sich die eigene Sexualität durch Kontakt mit Schwulen, Lesben, Bisexuellen und anderen ändern könnte. Außerdem spiele auch die Erziehung der Eltern im Hinblick auf die spätere sexuelle Präferenz der Kinder auch keine Rolle. Darüber hinaus fanden die Wissenschaftler auch keine Anhaltspunkte dafür, dass das Interesse am gleichen Geschlecht - etwa durch Therapie oder Bekehrung - umgekehrt werden könnte.

Parade von Homosexuallenin Uganda (Foto: REUTERS/Edward Echwalu)
Trotz Androhung von Haftstrafe: Aktivisten demonstrieren gegen die Diskriminierung von Homosexuellen in UgandaBild: REUTERS

Stattdessen sei erwiesen, dass sich eine repressive Umgebung negativ auf Minderheiten auswirke und deren Gesundheit gefährde, weil sie sich beispielsweise nicht mehr offen an Gesundheitszentren wenden könnten.

"Klima der Angst" in Nigeria

Zu diesem Schluss ist auch der internationale Schriftstellerverband PEN in Nigeria gekommen. Nigerias drakonische Strafen gegenüber Schwulen haben zu Angriffen auf der Straße, Folter durch Polizeibeamte, Vertreibungen, öffentlichen Auspeitschungen und Gesundheitsrisiken geführt, schreibt Pen Nigeria in einem gemeinsamen Bericht mit dem Pen American Center und dem Leitner-Zentrum für Internationales Recht und Gerechtigkeit in New York. Anfang 2014 unterzeichnete Nigerias damaliger Präsident Goodluck Jonathan ein Gesetz, das Haftstrafen bis zu 14 Jahren für gleichgeschlechtliche Ehen vorsieht.

Es herrsche ein "Klima der Angst und Repression" im Land, sagt Oluwafiropo Ewenla Geschäftsführer von PEN Nigeria. Nun sei es an Präsident Muhammadu Buhari, diese Diskriminierung wieder abzuschaffen.

"Seit den letzten 18 Monaten leben mehr und mehr Menschen aus der LGBT-Gemeinde in Angst, dass jemand sie jemand stigmatisieren könnte. Viele Menschen verlassen entweder das Land oder halten ihre sexuelle Orientierung geheim."

Und 14 Jahre Haft seien dabei noch nicht einmal das Schlimmste, was ihnen passieren könne, so Ewenla gegenüber der DW. Vermehrt sei es zu Übergriffen auf Homosexuelle gekommen. Das Gesetz habe viele in der Bevölkerung dazu ermuntert, eine Art Selbstjustiz gegenüber Schwulen zu üben. "Diese Lebensform wurde so sehr kriminalisiert, dass die Menschen glauben, sie führten Gottes Kampf."

Infografik Länder Afrika in denen gleichgeschlechtliche Beziehungen illegal sind Deutsch
Mosambik strich am 1. Juli ein Gesetz aus der Kolonialzeit. Nun sind homosexuelle Handlungen legal

Laut einer Umfrage des nigerianischen Instituts NOIPolls sind 87 Prozent der Bevölkerung für das Verbot der gleichgeschlechtlichen Ehe - anderthalb Jahre zuvor waren es noch 92 Prozent. Doch selbst diejenigen, die Homosexualität positiv gegenüber stünden, würden das lieber nicht öffentlich kundtun, so Ewenla. "Niemand möchte als jemand identifiziert werden, der solche Arten von sexueller Orientierung unterstützt."

Mosambik hatte erst diesen Mittwoch erst ein altes portugiesisches Kolonialgesetz gestrichen und damit homosexuelle Handlungen legalisiert. Bislang drohten Schwulen und Lesben Zwangsarbeit, Berufsverbot und die Einweisung in die Psychiatrie, auch wenn das Gesetz de facto nicht mehr angewandt wurde. Doch auch hier sagen Aktivisten, dass die wahre Herausforderung die Akzeptierung in der Gesellschaft sei.

Mangelnde Bildung als Problem

Das größte Problem sei mangelndes Wissen, sagt Ewenla von Pen Nigeria. "Manchmal ist es geringe, einseitige Bildung. Doch oft wollen die Leute es auch nicht besser wissen. Sobald du deinen Verstand abschaltest und nur noch im Bereich agierst 'Das ist, was Gott gesagt hat' - dann bist du nicht mehr aufnahmefähig für jegliche andere wissenschaftliche Erklärung."

Das hoffen die Wissenschaftler mit ihrem Report nun zu ändern. "Unsere Rolle als Akademiker ist, die Menschen zu informieren", betont die ugandische Wissenschaftlerin Kiguli. "Jeder hat das Recht auf Gesundheit, jeder hat das Recht, so zu leben, wie er möchte. Ich denke, der Bericht wird die Politik beeinflussen." Doch sie weiß auch, dass dies Zeit brauchen wird. "Aber dies könnte ein Anfang sein."

Und auch Ewenla aus Nigeria hofft, dass der Umgang mit Homosexualität mit der Zeit besser werden wird. "In hundert Jahren werden wir hoffentlich ein größeres Toleranzlevel haben."