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Afrika: Abwärtstrend bei der Todesstrafe

Martina Schwikowski
16. November 2022

Immer mehr afrikanische Länder schaffen die Todesstrafe ab. Ein Weltkongress in Berlin soll weitere Anstöße geben. Doch es gibt auch gegenläufige Entwicklungen.

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Eine Besuchergruppe steht vor der Absperrung zu einer ehemaligen Hinrichtungsstätte in Südafrika, hinter der mehrere Galgenseile hängen
Besichtigung einer ehemaligen Hinrichtungsstätte in SüdafrikaBild: Phill Magakoe/AFP

In Berlin findet aktuell der achte Internationale Kongress zur Abschaffung der Todesstrafe statt, ausgerichtet von der französischen Organisation "Ensemble contre la peine de mort – ECPM". Noch bis Freitag bringt der Weltkongress ehemals zum Tode Verurteilte, Politiker, Menschenrechtler und Angehörige von Verurteilten zusammen. Ihr Ziel: Weitere Staaten zu konkreten Verpflichtungen in Richtung der Abschaffung staatlicher Exekutionen zu bewegen.

Guppenbild beim 8. Weltkongress gegen die Todesstrafe in Berlin
In Berlin tagt der 8. Weltkongress gegen die TodesstrafeBild: Thomas Koehler/photothek/picture alliance

In Äquatorialguinea wird zum Jahresende die Todesstrafe aus den Strafgesetzbüchern gestrichen - damit ist der westafrikanische Staat das 24. Land auf dem Kontinent, das die Todesstrafe komplett abschafft; ein weiteres - Burkina Faso - hat sie für gewöhnliche Verbrechen abgeschafft. Das neue Gesetz gilt als eine wichtige Reform für eines der autoritärsten Länder der Welt. Auch die zentralafrikanische Republik hatte im Juni 2022 die Todesstrafe aufgegeben und Sierra Leone unterzeichnete schon 2021 ein neues Strafgesetzbuch, das keine Todesstrafe mehr vorsieht. 

 

Auch das südafrikanische Sambia ist bereits vorangeschritten: "Während wir sprechen, liegt im Parlament ein Entwurf für ein Gesetz vor, das die Bestimmungen aufheben soll, die es Gerichten erlauben, die Hinrichtung als Strafe für ein Kapitalverbrechen zu verhängen", sagt Sambias Justizminister Mulambo Haimbe im DW-Interview am Rande des Kongresses in Berlin. "Sobald das geschehen ist, wären wir die Todesstrafe praktisch los."

Sambia will Vorbild gegen die Todesstrafe sein

"Zwar hatten wir in den letzten 25 Jahren ein Moratorium und niemand ist hingerichtet worden", betont Haimbe. Aber das reiche nicht aus: "Wir wollen sicherstellen, dass nachfolgende Regierungen niemanden nach den gesetzlichen Bestimmungen hinrichten können."

Auch aus ethischer Sicht sei die Todesstrafe keine angemessene Strafe, sagt Haimbe - sie setze Menschen Qualen aus. Und: "Sie verstößt gegen die Konventionen, die wir als Land unterzeichnet haben." Die Welt habe sich weiterentwickelt, so der Minister: "Und wir wollen ein Teil davon sein. Wir wollen ein Leuchtturm für den afrikanischen Kontinent sein und zeigen, dass wir diese Schritte unternehmen müssen, und zwar per Gesetz - damit wir den künftigen Generationen Hoffnung geben."

Laut der Menschenrechtsorganisation Amnesty International haben 112 Staaten die Todesstrafe restlos aufgegeben. In insgesamt 144 Ländern – mehr als zwei Drittel aller Staaten – werden Hinrichtungen (ungeachtet der Gesetzeslage) nicht mehr vollstreckt.

In ihrer jährlichen Bilanz zur weltweiten Anwendung der Todesstrafe (Veröffentlichung März 2022) verzeichnete die Organisation zuletzt allerdings eine Zunahme der Hinrichtungen und Todesurteilen. Demnach wurden im Jahr 2021 insgesamt mindestens 579 Hinrichtungen in 18 Staaten durchgeführt. Es sei aber von einer hohen Dunkelziffer auszugehen, auch weil einige Staaten wie etwa China Exekutionen geheim halten.

Ägypten: aktiver Vollstrecker von Todesurteilen

In Afrika zählte Ägypten in den vergangenen zwei Jahren zu den aktivsten Vollstreckern der Todesstrafe weltweit - mit 83 Menschen im Jahr 2021. "Jedes Jahr werden in Ägypten Hunderte Menschen zum Tode verurteilt, teilweise durch Militärgerichte. In zahlreichen Fällen basieren die Urteile auf unfairen Verfahren, die keinerlei rechtsstaatliche Standards erfüllen", berichtete Amnesty-Experte Hussein Baoumi über die aktuelle Lage im Land.

Immer wieder teilten Angeklagte den Richtern mit, dass sie unter Folter gestanden hätten, doch die erzwungenen Geständnisse würden trotzdem als Beweise genutzt. Viele Urteile beruhten allein auf solchen Geständnissen. Folter werde systematisch angewendet und sei weitverbreitet, so Baoumi. Trotz derartiger Rückschläge sieht auch der Bericht von Amnesty International positive Entwicklungen, die den Trend zur Abschaffung dieser Strafe zeigen.

Wo Hinrichtungen ansteigen

Auch Menschenrechtlerin Muleya Mwananyanda aus Südafrika bestätigt diese Entwicklung: "Grundsätzlich war 2021 ein besorgniserregender Anstieg von Hinrichtungen und Todesurteilen zu verzeichnen, da einige der bekanntesten Exekutoren der Welt wieder zur Tagesordnung übergingen und Gerichte von den Corona-Beschränkungen befreit wurden", sagt die Regionaldirektorin für das östliche und südliche Afrika bei der Organisation Human Rights Watch in Johannesburg im DW-Interview.

Szene vor einer Hinrichtung in Somalia
In Somalia werden Hinrichtungen weiterhin ausgeführtBild: Mohamed Abdiwahab/AFP

Im östlichen und südlichen Afrika habe sich die Gesamtzahl der Hinrichtungen mehr als verdoppelt, da die Zahl in zwei Ländern anstieg: "In Somalia wurden 21 Menschen hingerichtet und im Südsudan mindestens neun. Die anhaltende Anwendung der Todesstrafe im Südsudan, in Somalia und in Botswana steht im Widerspruch zu regionalen Trends in Subsahara-Afrika und in der Welt, wo viele Länder von dieser grausamen, unmenschlichen und erniedrigenden Form der Bestrafung abrücken", sagt Mwananyanda. Auch die Zahl der gesprochenen Urteile sei mancherorts stark angestiegen.

Abwärtstrend in Afrika sichtbar

Die überwältigende Mehrheit der Länder in der Region, die die Todesstrafe noch nicht für alle Verbrechen abgeschafft haben, hätte aber keine Hinrichtungen vollstreckt, sagt die Menschenrechtlerin - darunter Kenia, Malawi, Uganda und Simbabwe. Angesichts der Fortschritte in mehreren Ländern wie in Sierra Leone, der Zentralafrikanischen Republik, aber auch Ghana, gehe der Trend jedoch dahin, dass immer mehr Länder die Todesstrafe in der Praxis abschafften.

Mitarbeit: Hans Brandt