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85 Länder gehen ins Rennen um den Auslands-Oscar

Stuart Braun
Veröffentlicht 26. August 2024Zuletzt aktualisiert 22. November 2024

Deutscher Oscar-Kandidat ist der iranische Regisseur Rasoulof. Der im Berliner Exil lebende Filmemacher, der im Mai zu Fuß aus dem Iran geflohen war, tritt mit dem hochgelobten Film "The Seed of the Sacred Fig" an.

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Regisseur Mohammad Rasoulof in weißem Hemd mit Brille lächelt in die Kamera
Mohammad Rasoulof darf sich Hoffnungen auf einen Oscar machen Bild: Andreea Alexandru/Invision/AP/dpa/picture alliance

Mohammed Rasoulof hat die erste Hürde im Rennen um die begehrte Trophäe genommen. Sein Film "The Seed of the Sacred Fig" (deutscher Titel: "Die Saat des heiligen Feigenbaums") erfüllt die Richtlinien für den Wettbewerb in der Sparte "Bester Internationalen Film" - so wie 84 weitere Filme, teilte die
Oscar-Akademie im kalifornischen Beverly Hills mit. Am 7.  Dezember wird sich zeigen, ob sich der iranische Filmemacher weiter Hoffnung machen kann, denn dann wird die 15 Titel umfassende Shortlist für die Kategorie des Auslands-Oscars verkündet. Aus dieser Shortlist werden im Januar wiederum fünf Filme ausgewählt. 

Thriller über staatliche Gewalt und Zensur 

Rasoulof wurde 2024 bereits bei den Filmfestspielen in Cannes  mit dem Spezialpreis der Jury ausgezeichnet - sein Film  wurde von den Massenprotesten im Iran im Jahr 2022 inspiriert. Nachdem die 22-jährige Jina Mahsa Amini von der sogenannten Sittenpolizei verhaftet worden war, weil sie angeblich ihren Hijab nicht ordnungsgemäß getragen hat, kam sie im Gewahrsam der Sicherheitskräfte zu Tode. Dies löste noch nie dagewesene Proteste im Iran aus. Rasoulof hörte die Demonstrationen von seiner Gefängniszelle aus - und entwickelte die Idee zu einem Thriller über staatliche Gewalt, Paranoia und Zensur.

Protestierende Frauen halten Fotos der ermordeten Jina Mahsa Amini hoch und singen.
Proteste nach dem Tod von Jina Mahsa AminiBild: Safin Hamed/AFP/Getty Images

Geheime Dreharbeiten und abenteuerliche Flucht

Nach den geheimen Dreharbeiten - das iranische Regime hatte dem Regisseur 2017 verboten, Filme zu drehen - musste Rasoulof die Produktion verlassen und zu Fuß über die iranische Grenze fliehen. Damit konnte er sich gerade noch vor einer weiteren Strafe retten - denn kurz zuvor war er zu acht Jahren Haft und Peitschenhieben verurteilt worden, weil er das Regime und dessen aggressive Reaktion auf die Pro-Demokratie-Proteste kritisiert hatte.

Nach seiner Flucht beantragte Rasoulof in Deutschland Asyl. Sein Reisepass war im Iran beschlagnahmt worden, doch da er vor einigen Jahren schon einmal eine Zeit lang in Deutschland gelebt hatte, waren seine Daten bei den deutschen Behörden bereits hinterlegt.

Bis kurz vor dem Festival war es nicht sicher, ob Rasoulof nach Cannes reisen kann
Mohammed Rasoulof in CannesBild: Andreea Alexandru/Invision/AP/picture alliance

Der Regisseur entschied sich zudem für Deutschland, weil "The Seed of the Sacred Fig" in Hamburg von Andrew Bird geschnitten wurde, der auch mit dem deutsch-türkischen Regisseur Fatih Akin zusammenarbeitet.

Als im Jahr 2020 Rasoulofs Film "There is No Evil" (deutscher Titel: "Doch das Böse gibt es nicht") bei den Internationalen Filmfestspielen in Berlin den Goldenen Bären gewann, konnte der Regisseur Deutschland nicht besuchen. Denn auch dieser Film war ein rotes Tuch für das iranische Regime, handelte er doch von der Todesstrafe in dem Land. Rasoulof hatte ihn gedreht, als er schon wusste, dass ihm eine Haftstrafe drohte.

Ein Mann steht unter der Dusche und hält die Hände vors Gesicht.
Filmszene aus "Doch das Böse gibt es nicht"Bild: picture-alliance/dpa/Cosmopol

Iranisch-deutsche Zusammenarbeit

Die in München ansässige Gesellschaft "German Films" vermarktet deutsche Filme weltweit. Sie benennt zudem die unabhängige Jury, die für die Auswahl des nationalen Oscar-Beitrags verantwortlich ist. Und diese hat bereits mehrfach eine gute Nase bewiesen: Oscars gab es unter anderem für "Die Blechtrommel" (1979) von Volker Schlöndorff, "Das Leben der Anderen" (2006) von Florian Henckel von Donnersmarck und "Im Westen nichts Neues" (2022) von Edward Berger, die alle für den Besten Internationalen Film ausgezeichnet wurden. In diesem Jahr hat die Jury "The Seed of the Sacred Fig" aus 13 Filmen ausgewählt.

Die Tatsache, dass der Film von der Hamburger Firma Run Way Pictures produziert, von einer norddeutschen Filmförderung unterstützt wurde und einen deutschen Verleih hat, ermöglichte es, Rasoulofs Film in die Auswahl aufzunehmen - ein "herausragendes Werk eines der großen Regisseure des Weltkinos", so die Jury. "Wir sind sehr glücklich, Rasoulof in unserem Land in Sicherheit zu wissen. Und wir freuen uns, dass er Deutschland bei den Oscars 2025 vertreten wird."

In einer Erklärung des Regisseurs und seiner Produzenten hieß es damals, die Auswahl zeige, wie stark der interkulturelle Austausch in einer freien und offenen Gesellschaft sein kann.

Filmszene: Eine Mutter diskutiert mit ihren beiden Teenager-Töchtern.
Filmszene: Die Zerrissenheit der iranischen Gesellschaft reicht bis in die Familien hineinBild: picture alliance/dpa/Films Boutique/Alamode Film/German Films

Ein Dissident im Exil

"The Seed of the Sacred Fig" handelt von Iman, einem Ermittler des iranischen Revolutionsgerichts, der dem Regime gegenüber loyal ist, aber beginnt, die Willkür und Schnelligkeit der Todesurteile, die er unterzeichnen muss, in Frage zu stellen. Zu Hause werden Imans Teenager-Töchter in die Proteste hineingezogen, die durch den Tod der 22-jährigen Jina Mahsa Amini im Gefängnis ausgelöst wurden, was für große Spannungen in der Familie sorgt.

In Cannes sagte Rasoulof, dass es ihm bei "The Seed of the Sacred Fig" vor allem darum ging, trotz der Repressalien durch das iranische Regime weiter Filme zu machen und seine Geschichten zu erzählen. "Und nichts konnte mich davon abhalten."

Die Oscarverleihung findet am 2. März 2025 statt. Auch andere Länder haben sich mit hochkarätigen Filmen beworben, darunter Österreich mit dem Mystery-Thriller "Des Teufels Bad", Italien mit dem Historiendrama "Vermiglio" und Frankreich mit der Musikkomödie "Emilia Pérez". 

Adaption aus dem Englischen: Silke Wünsch / Dieser Artikel wurde am 22.11.2024 aktualisiert. 

DW Autor l Kommentatorenfoto Stuart Braun
Stuart Braun Australischer DW-Journalist und Buchautor.