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Politik

13 Tote: Proteste im Iran spitzen sich zu

2. Januar 2018

Im Iran werden die Proteste gegen die Führung und den Klerus heftiger. Es gibt immer mehr Tote. Präsident Rohani ruft zur Ruhe auf, räumt aber auch "Mängel" im politischen System der Islamischen Republik ein.

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Iran Proteste | Dorud
Brennendes Gebäude in Dorud: Bild des Staatsfernsehens - Fotografen werden im Iran derzeit an ihrer Arbeit gehindertBild: ReutersTV/IRINN

Bei den größten Protesten gegen die iranische Regierung seit 2009 hat es nach tagelangen und landesweiten Demonstrationen mindestens 13 Tote gegeben. Erstmals seit Beginn der Proteste am Donnerstag beklagten auch die Sicherheitskräfte ein Todesopfer.

Bei einer Kundgebung in der Stadt Nadschafabad habe ein Demonstrant mit einem Jagdgewehr auf Mitglieder der Revolutionsgarden gezielt und einen Revolutionswächter getötet, meldete das Staatsfernsehen. Die Revolutionswächter sind Mitglieder der iranischen Revolutionsgarden, einer paramilitärischen Organisation zum Schutz des Systems. Die Nachrichtenagentur Tasnim hatte zuvor berichtet, dass Demonstranten in Nadschafabad einen Polizisten getötet und drei weitere verletzt hätten.

Trump und Rohani liefern sich Fehde

Die USA unterstützten die Proteste der iranischen Bevölkerung. Präsident Donald Trump, der in der Vergangenheit die Führung des Iran scharf kritisiert hatte, zeigte Sympathie für die Demonstranten: "Die großartigen Menschen des Irans sind seit vielen Jahren unterdrückt worden. Sie sind hungrig auf Nahrung und Freiheit", twitterte er. "Zeit für Wandel!" Irans Präsident Hassan Rohani wies die Kritik Trumps scharf zurück. Wer die Iraner noch vor kurzem als Terroristen bezeichnet habe, der habe kein Recht, Mitgefühl mit dem Land zu äußern. Trump präsentiere sich als Heuchler, betonte Rohani.

Bundesaußenminister Sigmar Gabriel zeigte sich besorgt. "Wir appellieren an die iranische Regierung, die Rechte der Demonstranten zu respektieren, sich zu versammeln und frei und friedlich ihre Stimme zu erheben", erklärte er. Ähnlich äußerte sich die Europäische Union. "Wir haben die Kundgebungen iranischer Bürger während der vergangenen Tage beobachtet", erklärte ein EU-Sprecher und fügte hinzu: "Wir waren in Kontakt mit den iranischen Behörden und nach den öffentlichen Erklärungen von Präsident Rohani erwarten wir, dass das Recht auf friedliche Demonstrationen und die Meinungsfreiheit garantiert werden".

Kritik ja, Krawalle nein

Trotz Warnungen der iranischen Behörden gingen seit Donnerstag Zehntausende Menschen auf die Straße. Präsident Rohani, der als Reformer gilt, hatte zwar erklärt, die Regierung dürfe kritisiert werden und die Menschen dürften auch protestieren. Er fügte aber hinzu: "Die Regierung wird keine Toleranz für diejenigen zeigen, die öffentliches Eigentum beschädigen, gegen die öffentliche Ordnung verstoßen und in der Gesellschaft für Unruhe sorgen." Innenminister Abdolresa Rahmani Fasli hatte den Demonstranten mit harten Strafen gedroht, sollten sie die Gesetze verletzen.

Der Zugang zu den Online-Diensten Instagram und Telegram, über die viele Regierungsgegner kommunizierten, wurde laut Staatsfernsehen eingeschränkt. Hunderte Menschen wurden festgenommen. Mittlerweile handelt es sich um die größte Demonstrationswelle seit den Unruhen von 2009, die nach der Wiederwahl des damaligen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad zum Präsidenten ausgebrochen waren.

Protestwelle im Iran

Entzündet hatten sich die Demonstrationen an gestiegenen Preisen für Lebensmitteln und der hohen Arbeitslosigkeit. Trotz der Aufhebung von Wirtschaftssanktionen im Zuge des Atomabkommens ist der Aufschwung im Iran nur schleppend. Viele junge Iraner bekommen ihn gar nicht zu spüren, die Jugendarbeitslosigkeit beträgt fast 30 Prozent. Zugleich streben viele Iraner nach Wandel in Politik und Geselslchaft. Die Kundgebungen spiegeln das wider. Zunehmend wurde bei den Protesten scharfe Kritik an der Führung in Teheran laut. Dazu zählten auch Rücktrittsforderungen an Ajatollah Ali Chamenei, den religiösen und politischen Führer der Islamischen Republik.

In den sozialen Netzwerken erschienen zahlreiche Videos und Fotos, die bei Protesten entstanden sein sollen. Auf einigen ist zu sehen, wie die Polizei Wasserwerfer gegen Demonstranten in der Hauptstadt Teheran einsetzte. Andere zeigten Zusammenstöße zwischen Polizisten und Demonstranten in der nordwestlichen Stadt Choramdare. Menschen skandierten "Nieder mit dem Diktator" oder "Chamenei, Schande über Dich! Lass das Land in Ruhe!"

haz/myk (rtr, dpa)