Was tun gegen Überschwemmungen?
30. Mai 2016Warum kommt es überhaupt zu Überschwemmungen?
Experten unterscheiden zwei Arten von Überschwemmungen: Sturzfluten und Flusshochwasser.
Sturzfluten entstehen, wenn es plötzlich sehr viel regnet - so wie gerade in Baden-Württemberg. Schuld ist das Tief "Elvira", meldet der Deutsche Wetterdienst: Innerhalb von 24 Stunden maßen die Beobachtungsstationen über 120 Liter Niederschlag pro Quadratmeter - so viel wie sonst in einem halben Monat. Solche starken Niederschläge sind lokal immer recht begrenzt, führen dann aber zu einer großflächigen Überschwemmung. Sie können jederzeit überall auftreten.
Flusshochwasser hingegen ist auf die Flussniederungen begrenzt. Es tritt auf, wenn über ein großes Gebiet hinweg - beispielsweise über ganz Mitteleuropa - über mehrere Tage viel Niederschlag fällt. Oder wenn es warm wird und der Schnee schmilzt. "Die Wassermassen in den Flüssen nehmen zu, die Flüsse ufern aus und überschwemmen die Gebiete neben den Flüssen", erklärt Andreas Krohn vom Institut für Wasser- und Gewässerentwicklung am Karlsruher Institut für Technologie (KIT).
Große Überschwemmungen beider Kategorie gibt es regelmäßig in Indien und Pakistan. Der Monsun bringt in dieser Region heftige Regenfälle, die tagelang anhalten können. Eine der schlimmsten Überschwemmungskatastrophen ereignete sich im Jahr 2010. Über 1700 Menschen starben, viele Millionen verloren ihr Zuhause.
Ist der Mensch mitschuldig an Überschwemmungen?
Teilweise. Vor allem, wenn es um Flusshochwasser geht. Denn Ausbaumaßnahmen an Flüssen verschlechtern die Situation, sagt Krohn: "Den Flüssen wurde Rückhalteraum genommen, indem Flüsse eingedeicht und Überflutungsflächen vom Fluss abgetrennt wurden."
Um Flüsse besser schifffbar zu machen, werden sie begradigt, also kürzer und grader gemacht, damit das Wasser schneller fließt. Nebenflüsse werden abgeschnitten, Staudämme eingefügt. Das heißt aber, dass sich bei starken Regenfällen der Fluss nicht natürlich verbreitern kann und die Wassermassen nirgendwohin abfließen können. Der Fluss verliert seinen natürlichen Hochwasserschutz und richtet in besiedelten Gebieten großen Schaden an.
Auch baut der Mensch die Landschaft immer mehr zu, so dass starke Niederschläge nicht im Boden versickern können, sondern das Wasser über Beton in die Kanalisation, in Bäche und Flüsse rauscht.
Der größte Fehler der Menschen ist laut Krohn aber ein anderer: "dass sie in Überschwemmungsgebieten gebaut haben - auf Flächen, die normalerweise jedes Jahr regelmäßig überflutet werden."
In der Vergangenheit siedelten Menschen nicht in solchen Gebieten. Größere Bevölkerungsdichten hingegen führen dazu, dass das einstige Tabu keines mehr ist. Daher entstehen alljährlich große Schäden durch Überschwemmungen.
Wie lassen sich Überschwemmungen verhindern?
Die Situation lässt sich entschärfen, "wenn man den Flüssen wieder mehr Raum gibt und Flächen bereitstellt, die im Notfall überschwemmt werden können", sagt Andreas Krohn. Das fordern auch Naturschutzorganisationen.
Eine einzelne Stadt lässt sich mit hohen Mauern vor den Wassermassen schützen. In stark gefährdeten Überschwemmungsgebieten in Indien und Pakistan hingegen helfen solche lokalen Maßnahmen aber nicht, sagt Krohn. "Es gibt quasi keine Möglichkeit, diese flächendeckenden Starkniederschläge dort in Zukunft zu verhindern."
Stattdessen sollten die Verantwortlichen den Menschen bewusst machen, dass sie in einem Risikogebiet leben. Unabdingbar ist es, ein gutes Meldesystem aufzubauen, damit die Menschen ihr eigenes Leben und ihr Hab und Gut in einem Katastrophenfall retten können.
Schlechte Nachrichten gibt es auch für die Bewohner der süddeutschen Gebiete, die derzeit überschwemmt sind. Denn die Ursache für die Katastrophe "sind natürliche Niederschlagsprozesse, die der Mensch nicht beeinflussen kann." Verhindern lässt sich so etwas also auch in Zukunft nicht.