Umwege aus der Krise
20. September 2007Mervyn King hat sich nach eigenen Angaben immer darum bemüht, die Politik der Bank of England (BoE) so "langweilig wie möglich" zu halten. Als Wirtschaftsliberaler hatte er bisher immer dafür plädiert, den Banken ihre Geschäfte selbst zu überlassen. Das beinhaltet auch, dass Krisen im Zweifel selbst ausgebadet werden müssen.
Risiko soll nicht belohnt werden
Gerade in der jetzigen Finanzmarktkrise pochte der Gouverneur der Notenbank bis zum Donnerstag letzter Woche (13.09.2007) darauf, diesen Prinzipien treu zu bleiben. Die Europäische Zentralbank (EZB) und die amerikanische Federal Reserve (Fed) rügte er währenddessen für ihre üppigen Liquiditätshilfen an in Not geratene Banken.
Durch solche Maßnahmen würde man risikobereite Institute in ihrem Kurs unterstützen und vorsichtigere sanktionieren. King betonte immer wieder, die leichtfertige Kreditvergabe der Banken vor dem Ausbruch der Subprime-Krise in den USA werde im Nachhinein nicht mit billigen Geldspritzen durch die Notenbank belohnt.
Genau das passierte nun allerdings doch: Ende letzter Woche war als erstes britisches Geldinstitut die Hypothekenbank Northern Rock ins Schlaglicht der weltweiten Finanzkrise gerückt. Daraufhin holten panische Kunden in Scharen ihr Geld von den Konten und der Aktienkurs sank ins Unermessliche.
Und dann doch
Auf massiven Druck der britischen Regierung, die am Dienstag (18.9.2007) eine Staatsgarantie für das angeschlagene Geldinstitut aussprach, hatte die BoE sich erstmals bereiterklärt, kurzfristige Liquidität bereitzustellen. Sie teilte 4,4 Milliarden Pfund zu, die am Donnerstag fällig sind. Ein Tender mit über zehn Milliarden Pfund und drei Monaten Laufzeit wurde für die kommende Woche angekündigt. Zudem können ausnahmsweise von den Banken Hypothekenschulden als Sicherheit hinterlegt werden.
Danach sollen in drei weiteren Auktionen bisher unentschiedene Geldsummen verliehen werden. Durch ihr Vorgehen will die Notenbank nun doch die Spannungen am Geldmarkt für längere Laufzeiten lösen. Der Kurswechsel wurde nach einer Reihe hochrangiger Treffen am Dienstag beschlossen, weil befürchtet wurde, Finanzkrise könne sich auch auf kleinere Kreditinstitute ausweiten.
Kritik am Krisenmanagement
Aus der Öffentlichkeit hagelt es seither Kritik am britischen Notenbankchef. Der Kurswechsel lässt nicht nur an der Prinzipientreue Kings zweifeln - er verpasst auch der Bank of England als unabhängige Institution einen Imagedämpfer. Die Regierung wollte laut Meinung vieler Kritiker in erster Linie ihre Wählerschaft sichern - die BoE hat sie dabei letztendlich unterstützt.
Am Donnerstag muss Mervyn King, der seit Juni 1998 den Chefsessel der BoE besetzt, vor dem Finanzausschuss des Parlaments sein sprunghaftes Krisenmanagement verteidigen. Fachleute sind davon überzeugt, dass Northern Rock gar nicht erst in die Krise geraten wäre, hätte die britische Notenbank früher gehandelt.