Wien will Asyl-Schnellverfahren
30. März 2016Das von der Regierung selbst in Auftrag gegebene Gutachten stuft eine strikte zahlenmäßige Begrenzung der Asylanträge als rechtswidrig ein. Österreich hat für dieses Jahr festgelegt, dass höchstens 37.500 Asylanträge akzeptiert würden.
Als Reaktion auf diese juristische Expertise kündigten Innenministerin Johanna Mikl-Leitner und Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil die Einführung von Asyl-Schnellverfahren an der Grenze an. Dabei solle binnen weniger Stunden für jeden Asyl-Suchenden individuell festgestellt werden, ob Gründe gegen seine Zurückweisung in ein sicheres Drittland sprechen.
Künftig verstärkter Grenzschutz
Eine weitere Folge des Gutachtens wird eine Verstärkung der Grenzsicherung sein. Dies wird nach Angaben der beiden Minister auch die österreichisch-italienische Grenze am Brenner betreffen. "Es besteht kein Grund zur Entwarnung", sagte Mikl-Leitner, die der konservativen ÖVP angehört, mit Blick auf Hunderttausende Flüchtlinge, die nach Schließung der Balkan-Route nun möglicherweise über Italien nach Europa kommen wollten.
Mit der Festlegung der Obergrenze hatte Österreich bei den Balkanstaaten einen "Domino-Effekt" ausgelöst, der letztlich zur Schließung der sogenannten Balkan-Route für Flüchtlinge und Migranten führte. Nach Angaben des Innenministeriums in Wien wurden in diesem Jahr in Österreich bisher 15.000 Asylanträge gestellt.
"Familienzusammenführung einziger Asylgrund"
Die Deutsche Presseagentur meldete unter Berufung auf Wiener Regierungsexperten, ein Antrag auf Asyl in Österreich werde sich wohl nur noch mit dem Recht auf Familienzusammenführung begründen lassen. Wenn bereits Mitglieder der "Kernfamilie" (Vater, Mutter oder minderjährige Kinder) in Österreich lebten, liege ein Asylgrund vor, so dpa.
Da bei Anreise aus einem anderen europäischen Land keine Gefahr für Leib und Leben bestehe, könnten Flüchtlinge nach Prüfung des Einzelfalls an der Grenze zurückgewiesen werden. Sie hätten dann vom Ausland aus die Möglichkeit der Rechtsbeschwerde beim Landesverwaltungsgericht.
Appell an Deutschland
Österreichs Bundeskanzler Werner Faymann von der sozialdemokratischen SPÖ erneuerte seine Aufforderung an Deutschland, klare Signale in der Flüchtlingspolitik zu senden. Die deutsche Haltung, einerseits im Grunde an der Willkommenspolitik festzuhalten, andererseits aber die Flüchtlinge nicht mit Transit-Visa bis in die Bundesrepublik ausstatten zu wollen, hänge wie ein "Damoklesschwert" über Fragen der legalen und illegalen Einreise.
Wenn Deutschland einige Hunderttausend Flüchtlinge aufnehmen wolle, sei das seine Sache, erklärte Faymann. Aber dann müssten die Menschen von dort geholt werden, wo sei seien, bevor sie eine "illegale Reise" anträten. Das gelte gerade für den nun zu erwartenden Andrang auf der Italien-Route.
wl/mak (dpa)