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Bio-Landbau contra Öko-Energie

Günther Birkenstock15. Februar 2014

Der Boom der Bio-Produkte in Deutschland setzt sich fort. Doch die deutschen Bauern, die Bio-Lebensmittel herstellen, verdienen immer weniger. Für ihre Kollegen, die Bio-Energie erzeugen, läuft es besser.

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Maiskolben auf Feld
Bild: picture-alliance/ZB

In Deutschland gibt es 18 Millionen Hektar landwirtschaftlich genutzte Fläche, davon werden rund sieben Prozent ökologisch bewirtschaftet. Von dem anhaltenden Boom der Bio-Lebensmittel können die Öko-Bauern jedoch nicht profitieren. Ihr Verdienst ist im Durchschnitt in den vergangenen Jahren gesunken.

Das unter der rot-grünen Bundesregierung im Jahr 2000 eingeführte Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) sah vor, Landwirte auch zu Energie-Wirten zu machen und förderte den Bau von Biogasanlagen. Eine gute Idee, meint Stefan Zwoll, Geschäftsführer beim Bund für Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW). Doch mit der Zeit habe das zu einer Konkurrenz zwischen Produzenten von Bio-Lebensmitteln und Bio-Energie-Landwirten geführt. "Wir habe inzwischen fast 8000 Biogas-Anlagen im Land stehen, und ich glaube, da ist jetzt das Ende der Fahnenstange erreicht."

Die Lebensmittelerzeuger können nicht mithalten

Die Betreiber der Biogasanlagen bekämen 20 Jahre eine feste Vergütung für den eingespeisten Strom. Den Mais oder auch Raps, den sie dafür brauchten, würden sie in ihrer Umgebung anbauen. Würde man die Unterstützung für die erzeugte Energie umrechnen, kämen so rund 2000 Euro heraus, die der Staat jährlich an die Bio-Energie-Bauern zahlt. "Und da können die anderen Wirtschaftszweige, ob das Obst ist, ob das Rinderzucht ist oder ob das auch ökologische Produktion ist, nicht mehr mithalten", sagt Zwoll im Gespräch mit der Deutschen Welle. Es gehe nicht, dass Mega-Anlagen mit Fremdfinanzierung unterstützt werden und dadurch Hunderte von Hektar belegen, die dann in Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion stünden.

Stefan Zwoll Geschäftsführer BÖ-LW
Zwoll: Bio-Strom-Erzeuger werden subventioniert und verdienen deshalb besser.Bild: picture-alliance/dpa

Durch den Ausbau der Öko-Energie hätten die Preise für landwirtschaftliche Nutzflächen stark zugenommen. Das betreffe nicht nur die Öko-Betriebe, sondern auch die konventionell arbeitenden Landwirte. Die geringere Verdienstspanne der Bio-Bauern habe jedoch auch andere Gründe, erklärt Zwoll. "Es sind natürlich auch die weltweit steigenden Preise für Agrar-Rohstoffe. Dadurch wird der Unterschied im Erlös für ökologisch produzierte Rohstoffe und konventionell hergestellte immer kleiner."

Die Lebensmittelverschwendung muss aufhören

Helmut Lamp hält das für eine zu oberflächliche Betrachtung des Problems. Der Landwirt und Vorsitzende des Bundesverbandes BioEnergie e.V. warnt davor, die Bio-Stromerzeuger gegen die Produzenten von Bio-Lebensmitteln auszuspielen. "Sie können nicht trennen zwischen Öko-Bauern und der Bio-Energie." Beide seien wichtig und notwendig. Außerdem müsse man das Problem der gestiegenen Hektarpreise differenzierter sehen. Vielerorts gebe es Flächen, die keiner haben will, anderswo hingegen herrsche ein Preiskampf um jeden Hektar. Außerdem müsse man die historische Entwicklung betrachten.

"Wir produzieren heute auf Flächen, die wir 2009 stillgelegt haben, wegen Überfluss, das sind 1,4 Millionen Hektar gewesen in der Bundesrepublik. Jetzt sind es zwei Millionen Hektar, die für Bio-Energie gebraucht werden." Er habe als Landwirt sein Leben lang mit Überflussproduktion zu tun gehabt, betont Lamp. Häufig habe er Sätze wie diesen hören müssen: "Wir brauchen euch eigentlich gar nicht. Anderswo ist das alles billiger einzukaufen." Einen wichtigen Ansatz sieht der Landwirt darin, die Lebensmittelverschwendung zu verringern. "Jeder Bundesbürger wirft derzeit 82 Kilogramm Lebensmittel jährlich in die Mülltonne." Das dürfe nicht sein.

Ohne Bio-Energie schafft man die Klima-Ziele nicht

Außerdem sei es illusorisch, die Biostrom-Erzeugung einzuschränken, glaubt Lamp. Ohnehin würden derzeit keine neuen Biogas-Anlagen mehr gebaut. "Ohne die Bioenergie werden wir die Klimaschutzprogramme der Regierung - die über alle Parteien hinweg beschlossen wurden - gegen die Wand fahren. Wir haben in den letzten Jahren etwa 20 Millionen CO2 abbauen können", erklärt Lamp. Derzeit liege der CO2-Ausstoß bei 930 Millionen Tonnen jährlich. Bis 2020 sei eine Reduzierung auf 750 Millionen Tonnen geplant. Jedes Jahr sparten die regenerativen Energien etwa ein Fünftel davon ein.

Helmut Lamp, Vorsitzender des Bundesverbandes BioEnergie
Lamp: Zwischen Bio-Stromerzeugern und Öko-Lebensmittel-Produzenten kann man nicht trennenBild: imago/Caro

Um bessere Preise für ihre Produkte zu bekommen, müssten sich die Bio-Erzeuger zusammenschließen, rät Landwirt Lamp. Die Milchbauern hätten es in den vergangenen Jahren vorgemacht. "Die Milchpreise stiegen von 24 Cent auf jetzt fast 40 Cent, indem man gemeinsam vorgegangen ist und die Handelsgenossenschaften unter Druck gesetzt hat, um besser behandelt zu werden", so Lamp.

Zu wenig Bio-Forschung

Einig sind sich die beiden Vertreter von Bio-Energie-Produzenten und Ökologischen Lebensmittel-Herstellern, dass mehr Geld für die Forschung in ihren Bereichen ausgegeben werden muss. Stefan Zwoll beklagt hier ein großes Ungleichgewicht: "Milliarden Euro und DM sind in die Forschung konventioneller Landwirtschaft geflossen. Wir fordern, dass der ökologische Landbau in Zukunft sechs bis sieben Prozent aller Mittel der Agrarforschung in diesem Bereich bekommt." Im Moment sei das nur etwa ein Prozent der gesamten Summe."

Im Bereich Bio-Energie sei es ähnlich, sagt Helmut Lamp. "Bio-Energie-Bauern stellen 70 Prozent der regenerativen Energien." Doch nur 15 Prozent der Förderung würden für die Erforschung der Bio-Energie ausgegeben. Bio ist also in der Wissenschaft immer noch ein Stiefkind, trotz Bio-Boom und dem beschlossenen Abbau des CO2-Ausstoßes.