Interview mit Artur Brauner
Die "Süddeutsche Zeitung" vom 22.3.10 zitiert ihn mit den Worten: "Die Vorführung meiner Filme in Yad Vashem ist die absolute Krönung meines Filmschaffens." Es handelt sich dabei um 21 Filme mit Holocaust-Thematik, die er im Laufe der Jahre produzierte. Und er ist bis heute eine der bekanntesten Persönlichkeiten im Filmgeschäft, ein Tycoon, ein Filmproduzent und Drehbuchautor, der die Geschichte des deutschen Nachkriegsfilms schrieb: Artur Brauner.
Koffer voll Geld
Zur Welt kam Artur – eigentlich Abraham – Brauner am 1.8.1918 in Lodz in einer jüdischen Familie. Früh auch, denn schon im Alter von sechs Jahren, entdeckte er seine Liebe zum Kino. So soll er heimlich über eine aus einer Wäscheleine zusammengeflochtene Strickleiter aus dem Haus entwischt sein, um ins Kino zu gehen. Nach dem Abitur studierte Artur Brauner am Polytechnikum in Lodz, doch der deutsche Überfall auf Polen im September 1939 beendete schlagartig das Studium. Artur Brauner weigerte sich aber den Stern zu tragen und überredete seine Familie zur Flucht. Die Familie versteckte sich in den Wäldern an dem Fluss San und so überlebte sie den Holocaust. Artur Brauner selbst floh in die Sowjet Union. Doch nicht alle aus seiner Familie entgingen dem Morden durch die Nazis: 49 Familienmitglieder fanden den Tod. In diesem Zusammenhang überlieferte der Autor und Journalist Herbert Riehl-Heyse in seinem Buch "Götterdämmerung: die Herren der öffentlichen Meinung", dass die Mutter der Frau von Artur Braun drei Jahre von einer polnischen Familie in einem Ofen versteckt wurde. 1946 kam Artur Brauner mit einem Koffer voll Geld nach Deutschland, wie die "Süddeutsche Zeitung" vom 1.8.08 zu berichten weiß, und zwar nach Berlin und gründete noch im gleichen Jahr auf einem ehemaligen Fabrikgelände im Stadtteil Spandau die "Central Cinema Company"- Filmgesellschaft. Der Startschuss für eine beispiellose Karriere in der Filmbranche war nun gefallen.
Der Unterhalter
"Mahner und Unterhalter" nannte ihn die "Süddeutsche Zeitung" am 1.8.08. Und in der Tat: denn nach dem Misserfolg seines etwas anspruchvolleren Films "Morituri", der von der Flucht von Häftlingen aus einem KZ und ihr anschließendes Leben im Versteck nahe der polnisch-russischen Grenze erzählte, erkannte Artur Brauner sehr schnell, dass der Weg zum kommerziellen Erfolg ein anderer sein muss. So verlegte er sich auf die Produktion von Unterhaltungsfilmen, die das Bedürfnis des Publikums nach einer "heilen Welt" stillen sollten. So entstanden unzählige so gennante "leichte" Filme, bei denen unter anderem solche Schauspieler mitwirkten wie etwa Romy Schneider, Maria Schell, Lilli Palmer, Curd Jürgens, Heinz Rühmann, Michel Picoli, Gert Fröbe oder auch Hans Albers. Die Liste von berühmten Schauspielernamen, die Artur Brauner im Laufe der Jahre verpflichtete, könnte beliebig fortgesetzt werden.
Der Mahner
Doch das war nur die eine Seite des Produzenten Artur Brauner. Denn mit dem durch die Unterhaltungsfilme eingespielten Kapital konnte er auch Projekte realisieren, die ihm besonders am Herzen lagen: Filme mit Holocaust-Thematik. So entstanden unter anderem solche Filme wie der Streifen "Die weiße Rose", der die Geschichte des Widerstands der Studentengruppe um die Geschwister Sophie und Hans Scholl gegen das Nazi-Regime erzählt, oder auch der Film "Hitlerjunge Salomon", der die Kindheit eines jüdischen Jungen im Dritten Reich erzählt und in den USA als bester Auslandsfilm mehrere Auszeichnungen erhielt, unter anderem auch den Golden Globe. Artur Brauner griff die Holocaust-Thematik immer wieder auf und diese Filme wurden zum ständigen Teil der Yad Vashem-Ausstellung in Jerusalem. Insgesamt 21 Steifen an der Zahl. Doch angesichts des Gesamtschaffens des Produzenten handelt es sich hier nur um einen Bruchteil: um die 300 Filme produzierte er oder war an deren Produktion beteiligt. Diese rege Tätigkeit brachte dem Produzenten auch unzählige Preise und Auszeichnungen. So wurde er unter anderem für sein langjähriges und hervorragendes Wirken im deutschen Film mit dem Filmband in Gold geehrt und ist auch Träger des Bundesverdienstkreuzes I. Klasse. Vor zwei Jahren bekam er auch einen Stern auf dem Boulevard der Stars in Berlin.
Im August 1983 traf DW-Redakteur Klaus Goetze-Claren Artur Brauner in Berlin zu einem Gespräch.
Autor: Andreas Zemke
Redaktion: Diana Redlich